Und das ist ja nur in der Mode und auf dem Kopf so, sondern auch in der Küche.
Aus Harumi Kuriharas "Harumis japanische Küche":
Harumi Kurihara hat geschrieben:
Viele meiner Freunde aus dem Westen wundern sich, wenn sie von der japanischen Vorstellung von der Vielfalt beim Essen hören. Wir glauben, dass man am Tag etwa dreißig verschiedene Arten von Speisen zu sich nehmen sollte. Deswegen besteht eine Mahlzeit aus so vielen verschiedenen Kleinigkeiten. Ich glaube, mit nur wenigen Zutaten wird eine Mahlzeit schnell langweilig - es müssen einfach verschiedene Geschmacksnoten und verschiedene Texturen im Spiel sein, damit ein Essen ausgewogen ist und interessant schmeckt. Erwähnenswert ist sicherlich auch, dass diese traditionelle Weise der Ernährung den Japanern geholfen hat, schlank und in vielerlei Hinsicht auch gesund zu bleiben.
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Was bei einer japanischen Mahlzeit sofort auffällt, ist die Vielzahl der unterschiedlichen Teller und Schälchen. Besucher aus dem Westen wundern sich meist über die Berge von Geschirr, die in die Küchenschränke gezwängt werden. So gibt es kleine Teller für Sojasauce, lange Teller für gegrillten Fisch oder Schälchen mit Deckel für Misosuppe. Anders als im Westen müssen die Teile nicht zusammenpassen.
Neben Keramik benutzen wir auch Glas-, Lack-, Matall- und Holzgeschirr. Im Sommer kommt viel Glas zum Einsatz, das Kühle ausstrahlt - im feuchtheißen japanischen Sommer eine Wohltat! Im Winter lieben wir die sanfte Wärme von Lackwaren. Wer Sushi kennt, hat sicher auch schon die prächtigen Holzplatten gesehen, auf denen sie serviert werden. Auch Bambus, in Japan allgegenwärtig, wird ausgiebig und kreativ als Geschirr genutzt. Schon die Bandbreite der Materialien reflektiert die Vielfalt der Küche und unterstreicht die Bedeutung der Ästhetik beim Anrichten japanischer Mahlzeiten.
Die enorme Menge an unterschiedlichem Geschirr sorgt bei Neulingen in der japanischen Küche oft für Verwirrung, ich aber genieße diese Vielfalt. Ich liebe es, auf Reisen Antiquitätenläden, Märkte und Kaufhäuser nach außergewöhnlichem Geschirr zu durchstöbern. Wenn wir feinstes Porzellan mit grobem Steingutgeschirr kombinieren, dann entspricht das unserer Vorstellung von Ästhetik.
Ich finde, dass die Wahl des passenden Geschirrs für ein bestimmtes Gericht zu den Aufgaben eines jeden Kochs gehört. Der richtige Teller bringt das Bild, das die Mahlzeit bietet, zur Vollendung. Wir glauben, dass die Einfachheit ein Schlüssel zur Schönheit ist: Das zeigt sich auch oft in der japanischen Kunst, etwa in der traditionellen Kunst der Tuschezeichnung. Beim Essen bedeutet dies, dass auf jeden Teller und in jede Schale nur eine kleine Portion Essen gefüllt wird, schließlich soll auch das Geschirr selbt bewundert werden. Viele meiner japanischen Freunde, die im Ausland waren, berichten mir von ihrem Entsetzen, als sie einen ganzen Berg von Essen auf einem einzigen Teller serviert bekamen. Sie fühlten sich auf eine fast obszöne Art von der reinen Menge überwältigt.
Meine eigene umfangreiche Geschirrsammlung teile ich in drei Gruppen ein. Da sind die Sachen für den täglichen Gebrauch - einfach, normalerweise nicht teuer und leicht zu ersetzen. Dann gibt es das "Puppenhausgeschirr", winzige Tellerchen und Schälchen, die mich an Spielzeug aus meiner Kindheit erinnern. Dieses typisch japanische Geschirr wird für Sojasauce, Dressings und andere Saucen verwendet. Und schließlich ist da noch das "Belohnungsgeschirr", oft Einzelstücke und manchmal ziemlich teuer. Ich finde, dass ich jeden Tag hart arbeite und gönne mir daher von Zeit zu Zeit eine Belohnung, indem ich meinem Hang zu schönen Dingen nachgebe. Eine Mahlzeit, in der etwas vom "Belohnungsgschirr" zum Einsatz kommt, ist etwas ganz Besonderes.
Viele Leute im Westen kaufen ein Service, in dem alle Teile zueinander passen, und lassen es dabei. Nie tauschen sie etwas aus oder fügen etwas hinzu - obwohl sich unser Geschmack und die Mode doch ständig wandeln! Heute gefallen mir andere Dinge als früher, und es macht mir Freude, neue Sachen einzukaufen. Zurzeit benutze ich ovale Teller in vielen Variationen; ich finde sie schön und ausgesprochen vielseitig verwendbar.
Ich möchte auch Sie dazu ermutigen, unterschiedliche Formen auszuprobieren. Immer nur runde Teller zu verwenden würde mich ungeheuer langweilen. Suchen Sie ruhig auch andere Einsatzmöglichkeiten für Ihr Geschirr: Möglicherweise macht es sich gut als Blumenvase oder Kerzenständer bei einer Party. In Japan bestimmt zwar die Tradition, dass bestimmte Teller nur für dieses und andere nur für jenes benutzt werden dürfen, aber ich fühle mich daran immer weniger gebunden. Ich schätze die Tradition, finde aber, dass man sich nicht zu sehr von ihr einengen lassen darf. Folgen Sie Ihrer Fantasie und freuen Sie sich daran! Das ist der beste Weg, die eigene Kreativität zu entfalten.
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Drei Prinzipien der japanischen Küche werden auf keinen Fall angetastet, und sie machen unsere Küche so unverwechselbar: Vielfalt, Anlehnung an die Jahreszeiten und Ästhetik.
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Halten Sie sich an die Jahreszeiten, wann immer es möglich ist und dekorieren Sie auch der Jahreszeit entsprechend. Sie werden problemlos japanisches Geschirr finden, auf dem rote Ahornblätter als Zeichen des Herbstes abgebildet sind. Ein Blatt von einem Baum oder auch ein Teller in einer Herbstfarbe erfüllen den gleichen Zweck.
Beispiel gefällig?
Winter 1:
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Winter 2:
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Winter 3:
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Herbst 1:
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Edit: Manche Bildlinks, die ich hier drin hatte, haben nicht funktioniert. Aber ihr könnt selber gucken: Einfach bei der Bildersuchmaschine eures Vertrauens "japanese food winter" bzw. autumn/ summer/ spring eingeben.