1. GESCHICHTENun, ich werde hier etwas weiter ausholen. Macht euch auf einen längeren Text gefasst!
Hier ist meine haarige Geschichte zur (Überidentifikation??) mit meinem Schopf:
Bis ich ungefähr 9 oder 10 Jahre alt war, hatte ich irrsinnig schöne Haare bis Unterkante Po (zugegeben, ich war auch kleiner) der ganze Zopf bis zur Quaste war gleichmäßig dick, die Haare waren seidig glatt und in meiner Erinnerung relativ Pflegeleicht.
Ein Traum! Die erste Sagengestalt, an die ich mich erinnern kann, die mir damals imponierte war die Nixe/Sirene Loreley, die der Sage nach am Rhein durch ihre Schönheit, ihren Gesang und natürlich aufgrund ihr Schönheit Seefahrer in den Tod lockte, da sie auf Felsen saß und jedes Schiff dass ihr näherte aufgrund gefährlicher Felsrippen zum kentern verurteilt war.
Ich weiß nicht mehr ganz genau wann ich den Entschluss gefasst habe mich von den langen Haaren zu trennen, aber an einen Entschluss in dem Alter kann ich mich sehr wohl erinnert:
Nach einem Schulausflug ins Museum, in dem Alter war ich sehr von der ägyptischer Geschichte fasziniert, kam ich ganz aufgeregt heim, da ich unbedingt die Haarlänge der Göttin Sachmet haben wollte, die ich als Statue in der Ausstellung gesehen hatte. Etwas länger als Schlüsselbein, genaue Bezeichnung - keine Ahnung. (Vielleicht waren das keine Haare, sondern ein Nemes Kopftuch? Keine Ahnung, ich glaube die Skulptur war aus Basaltstein gefertigt, also einfach in Schwarz gehalten. Ohne Farben ist das nicht so einfach differenzierbar
) Meine Mutter war sehr traurig um meine schönen Haare, ich hingegen war damals einfach froh die langen Quasten abzuhaben.
Von da an ging es mit den Haaren abwärts, wobei, eigentlich aufwärts, (haha) da ich sie immer weiter kürzen ließ, bis ich mit 12 einen Pixie Cut hatte.
Auf der Klosterschule kam ich mir damit ober cool und rebellisch vor, vor Allem da ich auch langsam zum Grufti wurde und mir regelmäßig Ärger wegen Nietenarmbändern und schwarzem Nagellack holte, aber das ist eine andere Geschichte.
Dann wurden die Emos „in“ und ich wollte natürlich mitmachen, also ließ ich die Haare mittellang wachsen, damit ich schön die Augen verdecken konnte, im Nachhinein gar keine blöde Idee das alles nicht mit anzusehen, sah nämlich ... naja, komisch aus.
Nachdem mir die Klosterschule zu bunt, beziehungsweise ich ihr zu bunt wurde, habe ich Schule gewechselt, bin mit 13 zum Frisör gegangen mit der Bitte mir den halben Kopf zu rasieren da ich nun Stilmäßig die Punks, die auf Einkaufsstraßen lungerten, als Stilvorbild auserkoren hatte. Die Frisur habe ich zwar keine Sekunde bereut, aber es fühlte sich dennoch bisschen eigenartig an, also hab ich die Haare wieder auf gleich wachsen lassen und mir pinke, grüne, gefleckte, gestreifte, blonde, braune schwarze Extensions reingehängt (meine Scene Kid Phase, haha) bis mir auch das zu doof wurde.
Mit 14 habe ich dann meine neue Stilikone in Courtney Love gefunden, also zapp zerapp, blonde zerfressene Haare, bisschen länger als Kinn mit Stirnfransen, mit viel verschmierten roten Lippenstift. Ich hab die Frisur damals geliebt und im Laufe der Zeit alle Farbkombinationen da oben ausprobiert. Irgendwann, so mit 16 hatte ich dann meine hardcore David Bowie Phase und mir einen orangen Ziggy Stardust Schnitt geholt, da auch Jody aus Pulp Fiction einen ähnlichen Haarschnitt hatte (kann man wirklich Frisur sagen? Naja, egal) war ich von dem Ergebnis sehr begeistert.
Lol, meine Vokuhila Phase.
Bisschen später wurde dann alles ganz wüst.
Während „Smells like Teen Spirit“ bei maximaler Lautstärke aus den Lautsprechern dröhnte, schnitt ich mir mit einer Nagelschere die Haare kurz. Mit Microbangs in Gagerlbraun und Alles. Ich habe wohl zu früh, zu oft Fight Club gesehen und mir Marla Singer als Vorbild genommen
Auweh. Aber ich fand das damals mega cool. Also warum nicht.
Im Nachhinein bin ich froh dass diese haarigen Eskapaden bereits hinter mir liegen.
Somit ist das erledigt und ich erspare mir hoffentlich einen Teil von der Midlife Crisis
Dann wurde ich „langweiliger“, ich hab die Haare wachsen lassen, wollte mich weiblicher fühlen, wechselte Farbenmäßig immer wieder zwischen braun und rot, das höchste der Gefühle war mal Violett und ich wusste nie recht wohin mit den Haaren, aber sie waren halt da und ich trug sie entweder Hippiemäßig zottelig oder Lana del Rey – mäßig, dunkel weich und weiblich.
Vor knapp 2 Jahren kam plötzlich der Trend der Silberhaare auf und ich verspürte ebenso den Drang danach zur Instagram Silberelfe mit perfektem Ombre zu werden und ließ für verdammte 250 Euro meine Haare bei 2 Sitzungen beim Frisör ruinieren, weil „dank des heiligen Olaplex wäre das ja kein Problem.“
Pah, da meine Haare davor rot/orange waren (ich hätte davor gern Kupfer gehabt, aber das war einfach nur rot/orange) war das Resultat ein gelber Mopp am Kopf, der fürchterlich zu bröseln begann. Meine bisschen mehr als BSL langen Haare brachen Strähnenweise auf insgesamt 5cm Gesamtlänge vom Kopf weg ab und ich habe mir verzweifelt einfach alles an Silikonen ins Haar gepappt, damit mir irgendwas davon übrig bleiben würde. Ich ließ mir Strinfransen schneiden um den generellen Fransenlook zu rechtfertigen, färbte wieder dunkel (und dann wieder rot und dann wieder dunkel usw. weil ich nicht dazu lernte) und entdeckte irgendwann letztes Jahr dieses Forum.
Letzten Winter schnitt ich die Zotteln auf Schlüsselbeinlänge zurück um Altlasten zu reduzieren (weg sind die noch lange nicht) und lasse sie seitdem fröhlich wachsen, probiere mich durch Waschtechniken von Seife bis zu WO und schmiere mir so ziemlich alles in die Haare was ich finde ☺
Aktuelles Kapitel dieser haarigen Angelegenheit, Beweggründe zum wachsen lassen und generelle Gedanken:
In den letzten 1.5 Jahren ist in mir irgendwie ein starkes Verlangen nach Weiblichkeit, (weniger im Sinne von feminin, sondern mehr nach einer Art „Ur-Weiblichkeit“), nach etwas Archaischem, nach etwas Echtem und ein starkes Bedürfnis nach Natürlichkeit erwacht (ich schätze ich werde einfach langsam erwachsen haha!) und so formte sich auch das Bedürfnis nach langen Haaren. Wie man aus dem Text herauslesen kann (sofern man ihn gelesen hat) spielten meine Haare im Laufe meiner persönlichen Entwicklung und auf der Suche nach mir Selbst eine wichtige Rolle und ich verwendete sie immer als Ausdrucksmittel.
Für mich sind lange Haare mehr als nur ästhetisch, für mich sind sie etwas sehr Naturnahes, man lässt wachsen und gedeihen. In meinen Augen sind Lange Haare unter Anderem ein Symbol der Weiblichkeit und Stärke, (was nicht bedeutet das lange Haare Männer unmännlich machen würden, ganz im Gegenteil) sie sind für mich auch ein Symbol des Wiederstands gegen den Stilbestimmten Mainstream und ein großes „Ja!“ zu diesem uralten Gefühl von Weiblichkeit, die sich nach und nach in mir entfaltet.
Lange Haare sind für mich etwas beeindruckend Wildes.
So, ich hoffe ihr habt euch von meiner Text Lawine und meiner Hippie-Ader nicht einschüchtern lassen! Wer hier immer noch liest, vielen Dank und viel Spaß bei meinem Haartagebuch!