Haariges aus der Vergangenheit Als ich so vier war, saß ich abgeschoben und allein bei den Nachbarn zur Betreuung und beobachtete die "großen" Kinder (die waren so zehn) beim Spielen. Ich hatte keine Ahnung, was die da machen und es war auch eigentlich recht langweilig.
Aber Stafanie! Stafanie hatte gaaaaaaanz lange Haare bis über den Po! Rabenschwarz, ohne Taper und mit gerader Kante!
Das fand ich so schön!
In der Zeit bin ich dann umhergelaufen und hab meine Mutter damit belästigt, dass ich mir nicht mehr die Haare schneiden möchte, weil ich auch mal sein will, wie Stefanie.
Diese Geschichte lehrt uns:
1. Ich bin 'n ziemlicher Creep. Glück gehabt, dass ich nicht männlich bin oO
2. Ich hatte eine sehr, sehr schlimme Kindheit. Oder? Nein. Eigentlich nur eine arbeitende Mom. Aber ich habe einen immensen Hang zur Übertreibung.
3. So lange ich mich erinnern kann, mochte ich schon immer langes Haar. Ich kann es nicht ändern: ist es langhaarig, muss ich mich danach umdrehen. Egal ob Männlein, Weiblein oder Tannenbaum. Lange Haare faszinieren mich einfach (Jepp, Creep!)
So ging es denn fort und das Haar wuchs bis auf den Steiß. Meine Mutter machte mir damit immer voll fesche Frisuren.
...im Trompetenunterricht beobachtete ich dann eine junge Frau mit einem Scrunchy-Dutt und fand den mega schick (hey, es waren die 90er!) Ich habe das direkt nachgebaut und so wurde es meine Standardfrisur. Sogar die strenge Mrs. Mutter fand es hübsch.
Ab da gab es dann kein Halten mehr. Ich habe mir immer mal wieder was überlegt und nachgebaut, was ich so Schönes sah.
Bis ich zwölf wurde, hatte ich fopgendes Repertoire:
- Einen französischen Zopf, getragen als French Tuck
- Einen holländischen Zopf (den ich total umständlich gemacht habe, indem ich die Zunahmen UNTER dem Zopf auf die andere Seite fürhrte und französisch flocht. Aber was willste machen, es gab noch keine Anleitungen für sowas und man tut halt was man kann...)
- Einen achtsträngigen Zopf, der nach oben geklappt wurde.
- Die Fischgräte, von der ich immer geglaubt hatte, dass ich sie erfunden hätte. Schöner scheiß...
- Die Banane, die ich damals noch klassisch machen konnte, weil die Haare noch kurz genug waren.
Zwischen denen wurde fleißig hin und her gewechselt und die meisten Menschen dachten sich, dass meine Mutter mich frisieren würde. Weit gefehlt, ihr Narren!

Fun Fact: Auch heute noch werde ich oft gefragt, wer mir die Haare macht. oO
Im Verdacht steht dann mein Mann, was bei mir heftige Lachanfälle und schwere Atemnot auslöst...
Irgendwann zog ich dann zum Studium und es ward das Internet!
Sofort sprang ich auf den Haartutorial-Wagon und erweiterte mein Repertoire gnadenlos. Für eine Weile habe ich wirklich allen Ernstes Frisuren gesammelt (d.h. ich habe mir Namen überlegt, jede Frisur nummeriert und mit Zettel und Papier aufgeschrieben).

Das ist die besagte Liste mit Nummer und Schlagwort. Sie umfasst im letzten Stand 55 Frisuren und hing an meinem Kallax-Regal. Wenn ich Lust auf eine Frisur hatte, habe ich einfach eine Zahl gewürfelt, den Zettel umgedreht und dort fanden sich dann genauere Infos zur Zufallsfrisur des Tages.
Das kommt mir in Rückschau schon ein kleiiiiiiiiin wenig neurotisch vor, oder? Ich bin auch irgendwann wieder davon abgekommen, denn man sieht schnell ein, dass man nicht alle P̶o̶k̶é̶m̶o̶n̶ Frisuren einfangen kann. Es sind einfach zu viele...
Aber der Gedanke, dass ich hier in einem Forum bin, wo auch ganz viele Menschen Frisuren sammeln ... und tatsächlich auch wieder
gute alte Listen schreiben, ist irgendwie beruhigend....
So frisierte ich so vor mich her.... Fast forward to 2017: ich wurde schwanger! Ab da habe ich irgendwie aufgehört, meine Haare zu schneiden. Normalerweise hatte ich sie immer so auf Steiß/ Po getragen und wenn sie über die klassische Länge drüber wucherten, habe ich sie wieder zum Steiß geschnitten. Damit war jetzt Schluss. Ich hab sie weiterhin gern frisiert, aber wie sie wuchsen, war mir recht egal. Ich hatte das Gefühl, plötzlich unbändig schöne, dicke Haare zu haben und die wollte ich einfach nicht mehr abschneiden.
Die Schwangerschaft verlief etwas holprig mit der ein oder anderen Hospitalisation, endete aber Gott sei Dank mit der stinknormalen 08/15 Geburt meiner Tochter ("klein Mi", gern auch "der Mops").
Ab da begann, was meine Haare angeht, ein großes Drama.
Bergeweise fielen sie aus. Ich konnt's echt nicht ansehen. Ich war deswegen und aus zehn Milliarden anderen Gründen unendlich traurig! Es war eine schlimme, schlimme Zeit und der Haarausfall machte es nicht besser.
Gott sei Dank wusste ich, dass das "nur" an der hormonellen Umstellung lag. Das würde bald wieder aufhören, sagte ich mir.
Ich sage euch, es ist ein gruseliges Bangen, wenn man auf etwas wartet, von dem man nicht weiß, ob es auch eintrifft... Ich konnte mich, meine Haare und eigentlich auch sonst nichts abhaben in dieser Zeit und beschloss nach der "aus den Augen, aus dem Sinn"-Methode vorzugehen.
Ich knotete mir die Haare also einfach mit einem selbsthaltenden Dutt konsequent weg. Auch Haarschmuck war in dieser Zeit nicht meins. Etwas schmücken, von dem man nichts mehr hat? So zynisch konnte ich nicht sein.
Also: rein mit dem Schnelldutt und dann warten auf bessere Zeiten.

Haartechnisch gesehen ein Bild des Grauens..
Etwa nach 6 - 8 Monaten hörte der Haarausfall auf. Stattdessen wuchsen nun neue Haare um den Haaransatz herum.
In dieser Zeit mochte ich meine Haare wieder: der Neuwuchs hat mich irgendwie jugendlicher gemacht. Ich kam mir plötzlich vor, wie eine junge Mutter und nicht wie etwas, das man überfahren hat und das nun im Straßengraben auf sein Ende wartet...
Der geneigte Leser reimt sich womöglich schon selbst zusammen, dass etwa um diese Zeit auch viele andere postpartale Problematiken endlich
etwas besser wurden, sodass chronische Schmerzen nicht weiter mein Leben bestimmten.
Die Haare blieben trotzdem im Dutt vergessen, denn Babys und offene Haare sind nicht immer die besten Freunde...
Seit Mi so anderthalb ist, mache ich auch wieder Frisuren. Witzigerweise zeigt sich dieser Umschwung auch in meiner Haarschmucksammlung, denn ich habe in den letzten Monaten einiges angehäuft. Wie so'n oller Drache. Das wird dann auch alles irgendwann mal fotografiert. Jetzt gerade bin ich eh zu faul, denn es ist sogar noch eine Bestellung offen, und bevor die nicht da ist, macht es nicht viel Sinn...
Gerade geht mir mein Neuwuchs etwas auf den Keks, weil ich durch ihn nie ordentlich frisiert bin. Aber unter uns: ich habe wenigstens wieder Haare! Insofern ist mir der Neuwuchs 1000mal lieber als alles andere!
Zudem sind die Haare unter dem Dutt recht lang geworden. Mittlerweile hängen sie so bei mitte Oberschenkel rum und machen da so ihr Ding.
Das gefällt mir ziemlich gut und ich lasse es einfach mal so laufen. Vielleicht können meine Haare ja auch noch ein wenig wachsen? Freuen würde es mich. ❤
Hier ein aktuelles Längenbild mit Flechtwellen. Generell sind meine Haare eher glatt, aber das werdet ihr dann ja irgendwann auch noch sehen


Wer bis hier durchgehalten hat, bekommt jetzt erstmal einen Keks! Vielen Dank

Eure Lacrima