Die Goldenen Zwanziger!
Der Friedensvertrag von Versailles tritt in Kraft und beendet offiziell den Krieg in Europa. Der Kongress der USA verweigert allerdings die Ratifikation, weshalb zusätzlich der Berliner Vertrag geschlossen werden muss.
Die Zwanziger bieten zahlreiche Umbrüche im Weltgefüge: Irland und Ägypten werden (letzteres zumindest offiziell) unabhängig, gegründet werden die Sowjetunion, die Türkei und Vatikanstadt. Im Falle Irlands ist diese Entwicklung begleitet von Bürgerkrieg.
Während der Weimarer Republik geht es turbulent zu: Die Hyperinflation, die sich bis in die Zwanziger zieht, bringt solch kuriose Banknoten wie den Hundert Billionen Mark-Schein hervor, die ausbleibenden Reparationszahlungen führen zur Besetzung des Ruhrgebiets durch Frankreich und Belgien und mehrere Aufstände sowie politische Unruhen plagen das Land. Hitlers Bürgerbräuputsch schlägt fehl, die Regierung in Berlin wird nicht durch die NSDAP gestürzt und Hitler wird inhaftiert. Dummerweise wird er nicht nur vorzeitig wegen guter Führung entlassen, sondern schreibt in der Zeit auch noch Mein Kampf
Als Ministerpräsident stellt Mussolini in Italien die erste faschistische Regierung auf.
Beim Wahlrecht sind in Großbritannien die Frauen über 21 endgültig den Männern gleichgestellt und auch die USA ziehen mit.
Börsencrash! Was bei den Amerikanern der Black Tuesday ist, wird in Europa eher der Schwarze Donnerstag, das Ergebnis ist aber quasi das gleiche: der Dow Jones fällt, die Aktienkurse auch, Anleger verschulden sich massiv und Firmen gehen bankrott. Dies führt zur Weltwirtschaftskrise der Dreißiger.
In Japan ereignet sich das große Kanto-Beben; neben dem Beben selbst fordern die zahlreichen ausbrechenden Feuer und aufgrund falscher Anschuldigungen antikoreanische Gewalt über 100.000 Opfer.
Al Capone gelangt zu Ruhm und mischt, nach außen als Antiquitätenhändler unterwegs, die Unterwelt von Chicago auf. Insbesondere der Alkoholschmuggel während der Prohibition floriert.
Scopes Trial in den USA: Highschoollehrer Scopes landet vor Gericht, weil er entgegen eines Gesetzes in Tennessee menschliche Evolution unterrichtet haben soll. Letztendlich wird er zu einer Geldstrafe verdonnert, das Urteil wegen technischer Details gekippt und der ganze Prozess lenkt den Blick der Öffentlichkeit auf die Frage, ob moderne Wissenschaft in der Schule gelehrt werden soll.
Alexander Fleming sorgt mit einer vergessenen Agarplatte für die Wiederentdeckung des Penicillins und damit eine medizinische Revolution. Vor seinem Urlaub beimpft er Agarplatten mit
Staphylococcus aureus, fährt erstmal schön aufs Land und findet bei seiner Rückkehr verschimmelte Platten vor. Das wäre alles maximal ein herzhaftes
„Igitt!“ wert gewesen, hätte er nicht festgestellt, dass in unmittelbarer Nähe des Schimmelpilzes keine Bakterien mehr wachsen. So aber verdanken wir diesem Vorfall eine der größten medizinischen Errungenschaften überhaupt.
Ebenfalls in diese glorreiche Kategorie gehören Frederick Banting und Charles Best, die zum ersten Mal Insulin isolieren und damit Millionen von Leben retten.
Mit dem Kind von Taung wird erstmals der Schädel eines jungen
Australopithecus afrikanus gefunden; dieser Fund bringt neuen Wind in die Out of Africa-Theorie der menschlichen Entwicklung. Quasi am anderen Ende der Erde wird in Dänemark das Mädchen von Egtved gefunden, eine Bestattung der älteren Nordischen Bronzezeit in einem Baumsarg.
Howard Carter löst eine neue Welle der Egyptomania aus, als er in Theben KV62 entdeckt, das Grab Tutanchamuns. Sein Auftraggeber, Lord Carnavon, ist eigentlich schon kurz davor, Carter zurückzupfeifen, weil die Grabungskampagnen erfolglos bleiben. Das Tal der Könige selber wurde schon Jahre vorher als archäologisch erschöpft bezeichnet. Ein Junge, einer der Wasserträger der Grabung, entdeckt schließlich eine Stufe, die weiter freigelegt wird; im Verlauf der Arbeiten werden mehrere intakte Siegel gefunden. Das entdeckte Grab schließlich ist eine Sensation: trotz zweier Plünderungen im Altertum ist noch ein großer Teil des Imposanten Grabschatzes vorhanden und das Grab selbst ist ungestört. Weltberühmt wird die goldene Totenmaske Tutanchamuns. Die Mumie selbst hat nie ein Museum von innen gesehen und befindet sich, mit Ausnahme des Untersuchungszeitraums tatsächlich seit ihrer Bestattung in ihrem Grab. Der ungeahnte logistische Aufwand wird kreativ bewältigt, indem umliegende Gräber umfunktioniert werden, egal ob zum Fotostudio oder zur Dunkelkammer.
Auch der Fluch des Pharaoh lässt nicht lange auf sich warten – dass Carters Kanarienvogel von einer Schlange gefressen wird, wird von den ägyptischen Arbeitern als böses Omen gewertet. Was macht Carter also? Versichert ihnen, der Vogel werde zurückkehren, und bittet Lady Evelyn Carnavon, doch bitte einen neuen Kanarienvogel mitzubringen.
Die Urknalltheorie wird aufgestellt – vom belgischen Astrophysiker und katholischen Priester Lemaître.
Charles Lindbergh wird mit seinem Trip von New York nach Paris der erste Mensch, der ohne Stop allein über den Atlantik fliegt. Ebenfalls ein Novum ist der erste Flug einer mit Treibstoff betriebenen Rakete.
Nach einem unfreiwillig abgebrochenen Versuch (ihr Trainer weist ihren Begleiter an, sie zu „retten“ – keiner der Zeugen hat auch nur im Mindesten das Gefühl, dass Rettung nötig sei) durchschwimmt Gertrude Ederle als erste Frau den Ärmelkanal. Die erste Person, die sie in England trifft? Ein Angestellter der Einwanderungsbehörde, der ihren Ausweis sehen will

Die Zwanziger bringen tatsächlich das mechanische Fernsehen hervor – sogar in Farbe. Ansonsten sind sie der Übergang von Stumm- zu Tonfilm und in beiden Gattungen gibt es Filme, die noch heute bekannt sind. Dazu gehören nicht nur der monumentale Science Fiction-Stummfilm Metropolis mit seinem Maschinenmenschen, sondern auch den ersten all-talkie/Tonfilm Lights of New York sowie Hallelujah! – der erste Studiofilm Hollywoods mit schwarzem Cast. Über die Handlung schweigen wir aus heutiger Sicht besser…
Außerdem werden zum ersten Mal die Oscars verliehen und wir haben den ersten Horrorfilm, nämlich Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens.
Steamboat Willie ist der erste Auftritt von Mickey Maus.
In der Musik ist der Jazz so vorherrschend, dass die Dekade im englischsprachigen Raum auch als Jazz Age bekannt ist. Neue Aufnahmetechniken sorgen außerdem für besseren Klang bei den Plattenlabels.
Literarisch haben wir die Romane von F. Scott Fitzgerald wie Der große Gatsby, Werke von Virginia Wolf und Ernest Hemingway, aber auch den Kontrast aus Im Westen nichts Neues und Winnie Puuh.
Zu den Bewegungen der Zwanziger gehören die Harlem Renaissance, die afroamerikanische Kultur aufleben lässt, und die Lost Generation: die Generation, die den Ersten Weltkrieg als junge Erwachsene erlebten. Frauen stehen jetzt nicht nur im Arbeitsleben, sondern sehen sich auch mit Problemen anderer Art konfrontiert, sei es nun, weil sie verwitwet sind, oder weil sie aufgrund des plötzlichen Männermangels weniger Heiratschancen haben.
Kaum ein Bild verbinden wir allerdings mehr mit den Roaring Twenties als die Flapper.
Junge Frauen, die frühere Generationen die Haare zu Berge stehen lassen: (für damalige Verhältnisse) kurze Röcke, kurze Haare, eine ordentliche Portion Unabhängigkeit und eine Abneigung gegen vorherrschende soziale Normen. Frauen gehen plötzlich in Bars, rauchen, trinken und fluchen in der Öffentlichkeit, leben ihre neugewonnene Beweglichkeit durchs Autofahren aus und auch vorehelichen Beziehungen aller Art sind sie nicht abgeneigt.
Schon äußerlich stechen sie hervor – Röcke werden kurz genug, dass ab und zu ein Knie beim Tanzen durchblitzt (und für diesen Zweck teilweise geschminkt wird), die Haare werden zunächst als Bob und später noch kürzer getragen und wo vorher noch vornehme Zurückhaltung, wenn überhaupt, beim Make Up gilt, werden nun die schweren Geschütze aufgefahren. Blässe ist schick, der Amorbogen wird mit Lippenstift extrem betont, die Augen werden großzügig schwarz umrandet und die Augenbrauen sind teilweise nicht mehr als gerade, nach außen leicht abfallende Striche.
Die Idealfigur der Zeit ist jungenhaft ohne großartige Kurven, was auch einen Wandel bei der Unterwäsche mit sich bringt; Korsett(schnitte) mit ordentlich Kurven als Resultat lassen sich hier nicht gebrauchen. Die Kleider selbst sind, spätestens in der Abendvariante, ärmellos und fallen eher gerade und locker, die Taillenlinie ist dabei auf Höhe der natürlichen Hüfte gerutscht.
Wie sehr sich die Flapper abheben, wird vielleicht an einem Beispiel deutlich: eine amerikanische Mutter beschwert sich Berichten zu Folge, weil ihr Sohn nur noch Geschäfte mit einer jungen, „illegal attraktiven“ Angestellten machen will

Das führt teilweise zu einem Anti Flapper-Dresscode, der Farbe, Bezugsquelle und (Ärmel)Länge der Kleider regelt sowie betont, dass während der Arbeit keine Zeit zum Aufhübschen sei.
Dieser Lebensstil kommt mit dem Börsencrash zu einem abrupten Ende, denn viele können sich nun schlichtweg nicht mehr leisten, die Nächte durchzufeiern und den neusten Trends hinterherzujagen.
So sehr die vorherige Generation den Kopf über die Flapper schütteln mag, auch in ihrem Kleidungsstil setzen sich die Einflüsse der Jugend durch. Die Silhouette ist auch hier eher locker fallend, kürzer und mit tiefer Taille. Tageskleider haben weiterhin Ärmel angesetzt.
Wem das nicht gefällt, kann sich an der Robe de Style orientieren, die einen Tellerrock an die tiefe Taille setzt und zum Aushängeschild von Jeanne Lanvin wird. Weitere Namen in der Modewelt sind Coco Chanel, Jean Patou und eine junge Elsa Schiaparelli.
Die großen Hüte von früher werden von der enganliegenden Cloche verdrängt, die sich gut mit Bob und anderen Kurzhaarschnitten verträgt.
Quellen 1 2 3 4 5 6
Holt die Perlenketten raus, dreht die Musik auf und schwingt das Tanzbein!
Leo Reisman and his Orchestra, Happy Days are here again
Harry Richman, Puttin on the Ritz
Duke Ellington, Creole Love Call
Marlene Dietrich, Wenn die beste Freundin
Paul Whiteman, My Blue Heaven
Paul Godwin mit seinen Jazz-Symphonikern, Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen
Ambassadors Orchestra & Frank Sylvano, Me And The Man In The Moon
Marion Harris, Look For The Silver Lining
Louis Armstrong, West End Blues
Ruth Etting, Love Me Or Leave Me
Original Dixieland Jass Band, Sphinx
Paul Godwin mit seinen Jazz-Symphonikern, Du bist als Kind zu heiß gebadet worden
Irving Berlin, Blue Skies
Nick Lucas, My Song Of The Nile
Golden Gate Orchestra, Five Foot Two, Eyes Of Blue
Hoagy Carmichael, Stardust
Eddie Cantor, Makin Whoopee
Paul Whiteman & His Orchestra, The Charleston
George Gershwin, Someone to Watch Over Me
Bessie Smith, Down Hearted Blues