Es lohnt sich auf jeden Fall. Ich besitze mehrere Bücher von Lilo Aureden - sie hat als erste mediterrane Gerichte in ihren Kochbüchern der deutschen Hausfrau ans Herz gelegt. Ihre Rezepte sind Vorreiter in der deutschen Küche geworden und darum lobte selbst Wolfram Siebeck sie mal
Das Buch hat also teilweise sehr moderne Züge - Selbstbewußtsein, eigener Stil, sie geht auch ganz selbstverständlich mit der Annahme um, daß eine Frau berufstätig sein kann. Was damals eben nciht selbstverständlcih war, in den 50ern. Andererseits predigt es natürlich besonders im Eingangskapitel, wie man sich den Männern beliebt macht. Ein Knüller ist die Illustration mit der Frau, die dem gestreßten, noch im Mantel steckenden Manne bei der Heimkehr ein gutes Glas Kognak kredenzt

Das würde meinem Mann gefallen!
die Tips sind teilweise wirklich brauchbar - mit der damals üblichen Betonung auf Verdauung und wie man dieselbe "regelmäßig" gestaltet. Tips zur Nachtruhe und Erholung, zum eigenen Geschmack, zu den Wechseljahren... alles gesunder Menschenverstand und eindeutig nicht veraltet. Vernünftiges Schuhwerk, Sport, Sauna, Dampfbäder, Kur statt Touristenrummel. Schöne Unterwäsche, Duschen statt Baden, dafür öfter statt "das Bad am Samstagabend".
Sie empfiehlt, ebenfalls nicht selbstverständlich, Rasieren der Achselhöhle und Benutzung eines Deodorants. Ich lese das Kapitel über Mode und über Parfums besonders gern.
Natürlich haben sich seit damals die Methoden verändert und die Produkte vertausendfacht. Ob unbedingt zum Besseren? Die Kosmetikindustrie überschwemmt uns ja mit Hunderten von Produkten, jede Firma entwickelt x Produktlinien, von denen jede y Produkte für jeden Hauttyp umfaßt - wer behält da den Überblick? Was ist nun besser, freie Radikale oder Hyalodingenssäure? Ceramide, Q-Enzym, Vitamin C oder Kamillenextrakt?
Beim Lesen wünscht man sich fast die einfachere Welt von damals zurück. Man geht zur Kosmetikerin (die wie eine Ärztin gekleidet ist), läßt sich einen Schönheitspaß ausstellen, und danach richtet man sich dann. Cest ca.
Die Farbtips, die sie gibt, sind eigentlich unverändert brauchbar. Die Illustrationen zur "vollschlanken Dame" sind natürlich Klassiker, die Diättips sind zwar heute ebenfalls verkompliziert worden, aber im Grunde sagt sie: weniger Fett und Süßes, mehr frisches Obst und Gemüse, raus an die frische Luft und Sport treiben. Und darauf kann man ja viele, viele Diätartikel in Zeitschriften bis heute zusammendampfen.
Ich empfehle von Herzen alle Bücher von Lilo Aureden, sowohl ihre Koch- als auch Ratschlagsbücher. Aus dem Bertelsmann-Verlag gibt es außerdem noch das nie veraltende "Einmaleins des Guten Tons" von Gertrud Oheim, das ich ebenfalls auswendig zitieren kann.
Ich habe diese Bücher als kleines Mädchen bei meiner Oma entdeckt und mir unter den Nagel gerissen

Sie sind Zeitdokumente, nämlich der Zeit VOR dem großen Bruch von 1968, vor der Zeit der Jeans, unehelichen Lebensgemeinschaften, der Gesetzgebung zur Emanzipation der Frau und den wachsenden Zahlen von Abiturientinnen. Der Zeit vor dem allgemeinen Duzen und der Revolution in der Kommunikation und den Medien. Auf jeden Fall lesenswert, wenn man sich dafür interessiert, wie Leute gelebt haben, bevor der allgemeine Wohlstand der Bundesrepublik ausbrach. Denn es ist natürlich ein ganz und gar westdeutsches Unternehmen, diese Bertelsmann-Ratgeber. Ich nenne das die Archäologie des Alltags.