Ich hab mich nie gefragt, ob offene Haare eine andere Wirkung nach außen verursachen als geflochtene/geduttete, weil das für mich immer absolut logisch war.
Erstens verändern offen getragene Haare optisch sehr stark die Gesichtsgeometrie, das ist der selbe Effekt wie wie der Unterschied zwischen Lang- und Kurzhaarfrisur. Die selbe Frau kann mit langen offenen oder mit kurzen/zusammenfrisierten Haaren entweder jünger oder älter, fröhlicher oder strenger, natürlicher oder gestylter wirken. Und zweitens die verschiedenen Assoziationen mit langem Haar.
Ich bin jedenfalls mit Sicherheit nicht die Einzige, die das bewusst benutzt, wenn ich z.B. bei einer Bewerbung oder einem beruflichen Termin besonders seriös wirken will. Und ganz oft liest man ja auch im Forum, dass viele gern ihre Haare beim Weggehen mal offen tragen wollen, das ist dann ja auch eine bewusste Nutzung des Effekts. Ach das, was
Arnatulliê so alles aufzählt (wobei mich der Vorwurf der mangelnden Hygiene sogar noch deutlich mehr stören würde als der mit den Extensions

) ist für mich ein klares Zeichen, dass die meisten Frauen es auch so sehen, dass frau offene Haare absichtlich trägt, um attraktiver auf Männer zu wirken.
Neben der rein optischen, gesichtsform-abhängigen Wirkung ist meiner Überzeugung nach auch ein ganz starker psychologischer/kultureller Aspekt im Spiel. Biologisch gesehen erwecken lange, gepflegte Haare die Assoziation von Gesundheit, Jugend und Schönheit (was man im offenen Zustand natürlich wesentlich besser sieht als bei Frisuren). Psychologisch werden offene Haare mit Offenheit ( ^^), Natürlichkeit und sozialer Zugänglichkeit assoziiert, während zusammenfrisierte Haare von den meisten mit Diszipliniertheit, Strenge, Förmlichkeit und Distanz verbunden werden. Und kulturell gesehen deuten offen getragene Haare auf eine Frau hin, die zu haben ist: Noch nicht lang her, da war auch in unseren Breiten das Offentragen der langen Haare allein den heiratsfähigen jungen Frauen vorbehalten, alle anderen trugen Zöpfe (meist die kleinen Mädchen) oder geschlossene Frisuren bis hin zu das Haar verhüllende Kopfbedeckungen.
Jedenfalls kombinieren sich die biologischen, psychologischen und kulturellen Faktoren zu der Gesamtwirkung, dass Frauen mit offenen Haaren allgemein als offener, lebenslustiger, natürlicher, jünger, schöner und nicht zuletzt sexuell aufgeschlossener wahrgenommen werden. Die Syrenen und Nymphen der antiken, die Nixen und Meerjungfrauen der germanischen, und bestimmte weibliche Geister und Dämonen der östlichen Mythologie lockten ihre Opfer nicht nur mit Nackheit und wunderschönem Gesang, sondern nicht zuletzt auch mit ihrem schönen langen Haar, das sie öfters mal zum Kämmen offen tragen. Immer dann, wenn die sexuelle Anziehungskraft von Frauen in irgend einer Weise mit teuflischen, unnatürlichen oder übermächtigen Kräften gleichgesetzt wird (da die armen armen Männer sich schließlich nicht zur Wehr setzen können, und sie bei Ehebruch, Notzucht und dergleichen ja gern mal die unschuldigen Opfer waren/sind, und "sie hat mich verzaubert" je nach Zusammenhang als romantischer Liebesäußerung oder als rechtsgültiger Grund zur Eheannullierung gilt/galt), werden die langen Haare ins Spiel gebracht, weshalb das Kahlscheren in vielen Kulturen zu den beliebesten Maßnahmen bei Hexerei, ***zensiert*** und dergleichen zählt(e) - womit man wieder beim "die will doch mit ihren langen Haaren bloß alle Männer anmachen" ist.
Und wer kennt nicht das Klischee der gestrengen Lehrerin/Blibliothekarin/Sekretärin, die da plötzlich im schwarzen Glitzerkleid dasteht, den Mund verführerisch rot angemalt, die Brille runternimmt, und dann unter Saxophonmusik in Zeitlupe den Dutt öffnet und ihre Haarpracht lasziv ausschüttelt. Oder das der grauen Maus im Teenie-Film, die immer mit dem selben Flechtzopf schüchtern über den Schulflur schleicht, bis eine Clique beliebter, hipper Trend-Queens sich ihrer erbarmungsvoll annimmt und sie umstylt, woraufhin sie zum ersten Mal in schicken Klamotten, geschminkt und vor allem mit ihren offenen langen Haaren selbstbewusst durch eine Menge sprachlos glotzender und geifernder Schuljungs stolziert.
Es ist bestimmt auch kein Zufall, dass in den meisten Religionen das offen getragene Haar mal als exklusives Privileg heiratswilliger Frauen, mal als generell sündhaft angesehen wird, und das Zusammenbinden und/oder Verhüllen der Haare für sittliche Frauen zu den Pflichten gehört
Zur optischen bzw. psychologischen Wirkung finde ich, dass auch noch stark mit reinspielt, wie wohl sich jemand mit der Art seine Haare zu tragen fühlt.