Ich bin eigentlich die Allerletzte, die irgendjemanden in punkto Haare missionieren dürfte, mit meinen kurzen Haaren (die nun wieder wachsen). Immerhin habe ich gesunde Haare, wenn auch durch die Wechseljahre dünner werdende, hatte noch nie Spliss und behandele meine Haare ziemlich pfleglich. Trotzdem, ich laufe halt (noch

) nicht mit wallender Mähne herum.
Aber neulich überkam mich auch leicht der Missionsdrang. Meine Kollegin, mir gegenüber sitzend, hatte früher überschulterlange Haare, teilweise hochgesteckt, sah gut aus, eichhörnchenrot gefärbt. Inzwischen trägt sie seit zwei, drei Jahren kurze Haare (Ohrläppchen bzw. Kinnlänge, so schräg geschnitten, dass sie vorne länger sind als hinten), rabenschwarz gefärbt, immer auftoupiert. Soweit ist das alles o.k. und ihre Entscheidung. Nur hat sie kürzlich, als sie merkte, dass ich meine Haare wachsen lasse, zu jammern angefangen. Sie hätte so brüchige Haare, dass sie alles abschneiden lassen musste, und dünn werden sie, total fettig, und Spliss hätte sie. Ich fragte nach, was sie macht. Sie: Täglich waschen und föhnen

, Silishampoos aus der Drogerie, täglich Kur oder Spülung drauf, weil das gut für die Haare sei, alle paar Wochen nachfärben, Spray täglich drauf, damit sie "halten".
Ich habe daraufhin gemeint, das sei alles viel zu viel für die Haare, da könnten sie ja nur kaputt gehen. Ob sie nicht mal versuchen wolle, weniger oft zu waschen und zumindest das tägliche Kuren, Föhnen und Sprayen wegzulassen? Stattdessen ab und zu mal ein bißchen Öl rein? Oder mal Seife versuchen wolle, ich könne ihr gern Probestückchen geben. Und das jahrelange Färben wäre halt auch nicht ideal für den Haarzustand.
Sie, voll geschockt und entsetzt: SEIFE? Die macht doch die Haare total kaputt! (Ja, klar, sieht man ja bei mir

), und außerdem hasse sie alles Fettige im Haar, ihre Haare müssten total sauber sein, alles andere ertrage sie nicht. Und ohne diese ganzen täglichen Sachen säße ihre Frisur nicht richtig und sie würde sich nicht wohlfühlen, wenn sie nicht täglich wasche. Das Färben mache gar nichts aus, habe ihr mal ein Friseur gesagt, der würde es doch wohl wissen, außerdem würde sie ihre eigene Haarfarbe nicht ausstehen können.
Na gut. Ich habe meinen Mund wieder gehalten und nicht erzählt, dass ich mir auch noch Essig über die Haare kippe und die Spitzen täglich mit ein bißchen Haarcreme versorge.

Und mir sogar schon mal Eigelb auf die Haare gegeben habe (die fanden es auch noch gut, ihrem Zustand nach zu schließen!).

Aber irgendwie tut mir die Kollegin leid. Läuft mit fettiger Kopfhaut und zersplissten, strohig schwarzen, immer dünner werdenden Haaren herum, die ihr wie ein paar Federchen ins Gesicht hängen, ist todunglücklich darüber, macht aber, statt die Haare zu schonen, immer noch mehr und haut sich nur noch mehr Chemie, Farbe, "Pflegeprodukte" und scharfe Shampoos auf den Kopp.
(Auch wenn es die Sache meiner Kollegin ist, aber ich finde, rabenschwarze Haare bei einer Fünfzigjährigen (die, so schätze ich vom Ansatz her, von Natur aus eher aschblond ist), sehen gar nicht vorteilhaft aus. Sie hat weder die Haut noch den Typ dafür, es wirkt sehr hart und macht sie total blass und kränklich. )