Ich habe die Geschichte auch nie so wirklich gemocht. Ja, sie opfern aus Liebe zueinander jeweils etwas, das ihnen am meisten bedeutet, der Gedanke ist schön. Aber am Ende stehen sie beide ohne etwas da, denn das, was sie dem Liebsten für seinen "Schatz" schenken wollten, ist nicht mehr da. Die Geschenke sind also wertlos geworden. Und das meine ich aus der Sicht des Schenkenden, nicht des Beschenkt-werdenden: die beiden geben etwas auf, was ihnen viel bedeutet, damit sie ein tolles Geschenk für den jeweils anderen haben. Das ist nun sinnlos geworden. Also ich als Schenkender wäre enttäuscht und traurig - nicht wegen meines eigenen Verlustes (das habe ich ja freiwillig gemacht), sondern weil mein Geschenk den anderen nicht mehr erfreuen kann. Ich schenke sehr gern und freue mich immer sehr, wenn ich jemandem eine Freude machen kann - würde ich meinem Mann nun eine Uhrkette schenken und er hätte die Uhr gar nicht mehr, wäre ich traurig. Auf den Verlust meiner eigenen Haare käme es mir dabei nicht an - mich würde nur bekümmern, daß ich meinem Mann kein schönes Geschenk machen könnte, weil er gerade das weggegeben hat, was ihm etwas bedeutet hat. Zwar für mich, wie lieb, aber das, was er mir schenken wollte damit, hat nun auch keinen Sinn mehr, denn ich habe keine Haare mehr.
Da stehen sie also beide da, haben beide etwas von großem persönlichen Wert füreinander geopfert, was ihnen sicher nicht leicht gefallen ist, aber wofür? Der Gedanke dahinter gefällt mir durchaus, ich gebe etwas auf, was mir viel bedeutet, für jemanden, der mir noch mehr bedeutet, aber da in dieser Geschichte beide jeweils ausgerechnet das aufgeben, was dem anderen Freude gemacht hätte, hinterließ diese Geschichte schon immer ein Gefühl von Enttäuschung bei mir. Die hat kein Happy End

Besser gefallen hätte sie mir, wenn sie schon beide etwas Wertvolles aufgegeben hätten, aber eben mit Sinn - ihr jeweiliges Geschenk kommt an, das schwere Opfer war nicht nutzlos. Dann wär ich vollauf zufrieden gewesen
