Im Judentum (vergessen wir nicht, daß alle erwähnten Herren aus der Bibel Juden und keine Christen waren) ist es bis heute so, daß man Jungen bis zum Alter von drei Jahren die Haare gar nicht schneidet. Am Feiertag Lag Ba Omer im Frühling kriegen dann die Dreijährigen ihren ersten feierlichen Haarschnitt. Religiöse Juden lassen den Jungen die Schläfenhaare stehen, mehr dazu
hier.
Viele verheiratete Juden lassen den Bart stehen, manche stutzen ihn, manche lassen ihn lang wachsen. Das gilt natürlich nur für religiöse Juden. Aber auch nichtreligiöse Juden rasieren sich nicht nach einem Trauerfall. Einen Monat lang zeigen sie durch das Unterlassen des Rasierens die intensivste Trauerperiode an.
Bei Mädchen aus religiösen Familien ist langes Haar gebräuchlich. In traditionellen Familien ist es nicht mehr üblich, den Mädchen vor der Ehe die Haare zu schneiden, sie bedecken einfach als verheiratete Frauen die Haare, weil die Haare als sehr erotisch und privat gelten. Manche Frauen benutzen Schals und Tücher, die oft sehr kreativ und schön gebunden werden, andere teure oder einfache Hüte, und manche religiösen Gruppen tragen Perücken. Damit ist natürlich der Eitelkeit Tür und Tor geöffnet

, denn wer genügend Geld investiert, kann sich eine Sammlung schicker Perücken zulegen.
Bei Moslems bedecken schon junge Mädchen ihr Haar, im frommen Judentum ist es jungen Mädchen erlaubt, die Schönheit ihres Haars zu zeigen, nur von der verheirateten Frau erwartet man, daß sie diese für ihren Mann reserviert. Das war übrigens auch bis vor ein paar hundert Jahren bei Christen so, der Film "Das Mädchen mit dem Perlohrring" zeigt, wie wichtig die Kopfbedeckung auch für Frauen war, und noch im 19. Jahrhundert trug die verheiratete Frau die Haube ("unter die Haube kommen"). Man sieht sie auch in Jane-Austen-Filmen.
Mehr über die reiligöse Praxis der Haarbedeckung bei Jüdinnen
hier. Ich persönlich finde, wenn wir das bei Jüdinnen respektieren, sollten wir es bei Musliminnen ebenso tun. Ich will hier keine Riesendiskussion lostreten, aber ich persönlich finde die Kopftuch-Diskussion verlogen.
Besonders angesichts der Tatsache, daß auch bei "normalen Deutschen", also weder Juden noch Muslimen, die weibliche Haartracht Konventionen unterworfen ist (der Haarschnitt nach dem ersten Kind, der Haarschnitt um die 40, der Witwenpudel - wir kennen das alles). Wir könnten da mal ein bißchen toleranter in alle Richtungen sein. Besonders weil bei vielen muslimischen Frauen das schön gebundene Kopftuch die Gesichtszüge betont und eigentlich schmeichelt. Und wenn wir es den Nonnen erlauben, warum nicht muslimischen Frauen? Aber das ist nur meine persönliche Meinung, mit der ich schon öfter angeeckt bin....
Für religiöse jüdische Frauen, die einmal im Monat das rituelle Bad besuchen, achtet die Badefrau darauf, daß sie ganz untertauchen - bis zum letzten Haar. Auch ausgefallene Haare und abgeschnittene Fingernägel werden nicht wie normaler Müll entsorgt, bei besonders frommen Juden werden sogar sie respektiert als Geschenke Gottes an den Körper. Im Sinne der bibilischen Aussage, daß kein haar von unserem Kopf fällt, ohne daß Gott davon weiß.
Um zur Zeit Jesu zurückzukehren: die Juden befanden sich damals im Widerstand (erst unterschwellig, dann offen) gegen die Römer. Die Römer waren normalerweise militärisch knapp gestutzt und rasiert, nur manche Kaiser wie Marc Aurel imitieten griechische Philosophen und ließen sich einen gestutzten Bart stehen. Juden, die sich der römischen Herrschaft anpaßten, zeigten das wohl auch in ihrer Haartracht und Kleidung, Juden, die dagegen waren, ließen sich die Haare und den Bart wachsen.
Wie Jesus selbst aussah, wissen wir nicht. Jesus-Darstellungen zeigen seit ca. dem vierten Jahrhundert die bekannte Hippiefrisur . Vorher wird Jesus wie ein junger Römer dargestellt, mit kurzen Locken und glattrasiert.
Bei biblischen Männern wie Simson signalisiert Haar Männlichkeit und Kraft. Bei Propheten zeigen die langen Bärte und Haare, daß sie nicht eitel sind und alles, was Gott wachsen läßt, respektieren. Haare raufen und Kleider zerreissen galten als Zeichen der Trauer.
Der König David war wohl rotblond, "admoni" im Originaltext. Das war selten und galt wohl als besondere Schönheit. Mir fällt gerade keine biblische Frau ein, deren Haar erwähnt wird, außer Shulamit im Hohelied.
WIE schön du bist, Sulamith,
Wie reizend du, meine Freundin!
Deine Augen nicken
Wie kleine Tauben
Hinter dem Schleier hervor.
Dein Haar ist seidig und dunkel
Wie das Fell der Ziegenherden
An den Hängen Gileads!