Auf der anderen Seite der Glaswand......ist der Titel eines Tanztheaterstücks das sich mit dem Thema Brustkrebs befasst. Ich habe es nicht gesehen, aber der Titel ist mir bei meinen Recherchen über den Weg gelaufen und ich finde ihn sehr passend.
Ich bin nun auf der anderen Seite der Glaswand. Es hat mich erwischt und ich befinde mich nach gut überstandener OP in der Warteschleife zur Strahlentherapie bei der das vormals befallene Gewebe mit radioaktivem Gedöns bombardiert wird um den letzten eventuell verbliebenen Mistzellen den Garaus zu machen.
Dies nur zur Information warum es hier in letzter Zeit so ruhig war. Die Augen-OP ist gut gelaufen und alles wäre schön wenn nicht ein paar Wochen später Thors Hammer gefallen wäre. Und zwar genau auf mich drauf.
Ich habe dennoch viel Glück, ich brauche keine Chemotherapie, was den Weg der noch vor mir liegt kürzer und vor allem wesentlich weniger steinig macht. Obwohl mir radioaktives Gedöns sicher auch keine Freudenschreie entlocken wird und mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.
Aber immerhin: die Haare darf ich erstmal behalten.
Seit ich gedacht habe daß ich sie verlieren werde, habe ich sie ganz besonders lieb und all das was mich vorher an ihnen genervt hat (zu dünn, zu wenig, zu kurz, zu viel Taper, zu angefressene Spitzen) sind nur noch liebenswerte kleine Macken. Da ich direkt nach der Diagnose, und mit dem drohenden Haarverlust vor Augen, absolut keinen Bock auf Flechten, Stecken und Dekorieren hatte, war meine Tagesfrisur wochenlang ein offener Pferdeschwanz und ob man es nun glaubt oder nicht: ich habe nie so begeisterte Reaktionen auf meine Haare gehört wie mit dieser Frisur. Ich denke nicht, daß das reine Nettigkeit war („Die arme Frau hat Krebs, da wollen wir mal lieb zu ihr sein...“). Es hat meinen Freundinnen wirklich gefallen. Jetzt werde ich ständig aufgefordert, die Haare im Pferdeschwanz oder besser gleich offen zu tragen und der Mann (der der großartigste Mann der Welt ist) hat eine paar Argumente mehr um seinen Wunsch nach offen getragenen Zotteln zu untermauern.
Es ist schon seltsam, das alles.
Ich will mich hier mit medizinischen Dingen zurückhalten, denn zum einen ist das ja ein heikles Thema, zum anderen will ich mich hier ablenken von dem ganzen anderen Mist. Dennoch frage ich mich natürlich ob und wie radioaktives Gedöns sich auf die Haare auswirkt. Da ich den Teufel tun und Doktor Google befragen werde, werde ich mit dem Strahlendoktor darüber reden und die Sache im Übrigen beobachten und, entsprechendes Wohlbefinden vorausgesetzt, dokumentieren.
Das war es erstmal für heute. Haarbilder gibt es gerade nicht, aber soviel sei gesagt: ich fühle mich zum erstenmal richtig langhaarig.
Tante EDIT sagtDie selbst an Krebs erkrankte Autorin Sabine Dinkel bricht in ihrem wunderbaren Buch "Krebs ist wenn man trotzdem lacht" eine Lanze dafür, sich denn Sinn für Humor nicht völlig nehmen zu lassen (und schon gar nicht von diesem Miststück). Die Krankheit geht vom Lachen nicht weg. Aber schlimmer wird sie davon auch nicht. Ich versuche das zu beherzigen, und da fällt mir eben auf daß der Ausdruck "Strahlendoktor" ganz schön cool ist.
Der Doctor
Der Kriegsdoctor
Der Strahlendoctor.