Kleines Update zu meiner Versuchsreihe.
Ich habe einige der Färberezepte ausprobiert, da ein Freund sich die Haare geschnitten hat und ich meine experimentierfreudigen Finger nicht still halten konnte!
Ich sag´s gleich, das wird ein längerer Post. Die Versuchsreihe hat im Juni stattgefunden, aber ich hatte bisher nicht die Zeit und Muße das abzutippen. Ein erschöpfter, trüber Sonntag wie dieser mit schlafender Katze daneben scheint mir dafür die beste Wahl.
Das Problem bei den mittelalterlichen Rezepten ist, wie eingangs schon besprochen, die fehlenden Mengenangaben, sowie Zeitangaben zum Kochen, einwirken etc.
Alles was kochen musste habe ich zwischen einer halben Stunde bis Stunde kochen lassen, einwirken durfte das dann über Nacht. Ich hoffe, dass nicht ich mit meinem Hexengebräu am Sturm Schuld war, der in dieser Nacht über dem Gelände gewütet hat
Folgende Rezepte wurden ausprobiert:
[251] A proven Saracen preparation. Take the rind of an extremely sweet pomegranate(Granatapfel) and grind it, and let it boil in vinegar or water, and strain it, and to this strained substance let there be added powder of oak apples(Galläpfel) and alum(Alaun) in a lagre quantity, so that it might be thick as a poultice(Brei). Wrap the hair with this, as though it where a kind of dough. Afterward, let bran(Kleie) be mixed with oil and let it be placed in any kind of vessel upon the fire until the bran is completey ignited. Let her sprinkle this on the head down to the roots. Then she should wet it thoroughly an again let her wrap her head (prepared thus in the above-mentioned little sack) in the same above-mentioned strained liquid, and let her leave it throughout the night so that she might be better anointed. Afterward, let her hair be washed and it will be completely black.
[256] For blackening the hair. First the hair is prepared in the abovementioned manner so that it will be ready for coloring. Then let oak apples be placed with oil in a dish and let them be burned. Then let them be pulverized made in Gaul, and let them be mixed.
[257] Likewise for the same. mix powder of galangal with juice of a walnut and make it boil and anoint [the hair].
[260] For whitening the hair. Catch as many bees as possible in a new pot and set it to burn, and grind with oil, and then anoint the head.
[261] For the same, agrimony(Ackermennig) ground with goat's milk is good.
Wundert euch nicht über die rustikale Atmosphäre der Fotos, aber das waren Rezepte, die ich nicht in der Wohnung ausprobieren wollte
Hier ist die Ausgangssituation, unbehandeltes, glattes, wunderschönes mittelbraunes Männerhaar:
Ich habe immer nur einzelne Strähnen davon für meine Versuche hergenommen.
Rezept 251 um Haare dunkler zu färben:Die abgeriebene Schale eines überreifen Granatapfels, da ja im Rezept ausdrücklich steht, die Frucht solle sehr süß sein
Wie im Rezept beschrieben, habe ich die Rinde etwa eine halbe Stunde mit (Apfel-) Essig und Wasser ausgekocht, bis das Gebräu eine schöne dunkelrote Farbe hatte. Gallapfel Puder und Alaun wurden dann hinzugemixt, bis es ganze eine pastenartige Konsistenz hatte.
Danach, habe ich wie beschrieben, Kleie mit ein bisschen Fett (ich habe Schweineschmalz genommen) über dem Feuer verkohlen lassen. Das ganze wurde dann auf die Strähne dazugepampt und in Leinen gewickelt.
Ein ausgesprochen appetitlicher Anblick, ich weiß. Über Nacht durfte die Matsche einwirken und das Ergebnis war: Nüscht. Nur die Kleie hat sich extrem schwierig auswaschen lassen.
Rezept 256, ebenso um die Haare dunkler zu färben:Hier hatte ich zuerst einige Schwierigkeiten herauszufinden was mit „Gaul“ gemeint ist. In einer älteren Literatur habe ich eine Übersetzungsmöglichkeit für „Graphit“ gefunden (ich finde gerade das Literaturzitat nicht mehr, werde es aber nachbringen. Ich weiß, das ist gerade sehr unwissenschaftlich von mir
)
Graphit würde ja auch Sinn machen, da Graphit seit der Urgeschichte ein bekannter Zuschlag für Keramik ist, um Geschirr zu sintern, daher wasserdicht zu machen und damit es besser Wärme leitet. Daher war Graphitware immer schon ein spitze Kochgeschirr. Außerdem wurden Graphitblöcke teilweise auch zum Werkzeug schleifen hergenommen. Bis ins Frühmittelalter fanden sich Graphitblöcke auch gerne als Grabbeigabe. (Auch hier, Literatur Zitat folgt haha …)
Ich dachte, nachdem Graphit ja sehr dunkel ist, wird das Experiment vielleicht hinhauen?
Nachdem daneben Mittagessen gekocht wurde, habe ich mich für ein extra Experiment entschieden. Das findet ihr in der schönen geschmiedeten Pfanne. Rote Zwiebeschalen, die ich zusammen mit Graphit ausgekocht habe. Das eigentliche Graphit Gemansch ist in der kleinen schwarzen Schale zu finden
Hier das eigentliche Gemisch: verkohlte Galläpfel in Schweineschmalz und eine Schale mit in Wasser gelöstem Graphit:
Rezept Nummer 257, ebenfalls um Haare dunkler zu färben:Ich habe frische Ingwer genommen, statt nur Pulver und dazu mir die Finger beim grüne Walnusschale abreiben schrumpelig gerieben. Die Finger haben Farbe angenommen. Leider scheine ich kein Dokumentationsfoto davon zu haben? Erneut, unwissenschaftlich von mir!
Rezept Nummer 260, um Haare aufzuhellen:Das war am lustigsten! Eine bekannte Imkerin hat mir ein halbes Marmeladeglas mit toten Bienen gegeben. (Pro Stock fallen hunderte von toten Bienen pro Tag an, es wurden also keine Tiere extra für das Experiment getötet
) Das Experiment habe ich öfter mit ein paar Abwandlungen ausprobiert, da ich unbedingt wollte, dass es hinhaut. Beim ersten Versuch habe ich die Bienen über Nacht in Wasser einweichen lassen, da ich dachte, sollte ein chemischer Prozess durch irgendwelche inzwischen eingetrockneten Säfte in den Körpern stattfindet, wäre es wohl am besten, diese durch Feuchtigkeit wieder zu „aktivieren“
Die eingeweichten Bienen wurden dann wieder mit Schweineschmalz vermengt und solange über dem Feuer stehen gelassen, bis diese verbrannt sind. (Set it to burn) Diese wurden dann im Steinmörser zerdrückt und auf die Haare aufgetragen. Ich habe die Mischung in der Sonne stehen lassen, da ja angeblich Wärme bei der Haaraufhellung immer ein Vorteil ist.
Da ich ja mehrere Versuche mit den Bienen durchgeführt habe, habe ich immer nur etwa einen Esslöffel voll verwendet.
Hier die verkohlten Bienen im Fett:
Und dann zerrieben auf den Haaren:
https://up.picr.de/44691807fw.jpegEin zweiter Versuch mit nicht eingeweichten Bienen, die ich nur angebraten und nicht verbrennen hab lassen:
Rezept Nummer 261, ebenfalls zum aufhellen der Haare:Und zuletzt, mein erster Versuch:
Getrocknete Agrimonie mit Ziegenmilch. Habe das ganze recht lange über dem Feuer gekocht und zuerst die Strähne darin eingepampt. Da sich aber über Nacht nichts getan hat, habe ich die Strähne dann am nächsten Tag einfach mitgekocht
Und TADAAAA!!! Hier sind die Ergebnisse nach kurzem Auswaschen mit ein bisschen Seife.
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts!
Nicht wundern, ich habe mich am Papier verschrieben gehabt. 262 existiert nicht, das war die 260, der Bienen Versuch.
Die möglichen Farbunterschiede am Foto sind nicht ganz naturgetreu, beziehungsweise habe ich die verbrannte Kleie nicht wirklich gut auswaschen können und die erste Strähne klebt daher mehr zusammen.
Tja, nach dem das alles nicht so lehrreich war, wie erhofft, hoffe ich, dass die Experimente zumindest unterhaltsam zu lesen waren
Hier noch ein romantisches Foto vom Hexenkessel mitsamt Gebräu. Leider wurde das Foto nicht dokumentiert und ich bin mir im Nachhinein gar nicht so sicher, was da vor sich hin gebrodelt hat.