Lasiddahartha, ich weiß ja nicht, in welchem Zusammenhang Du darüber schreibst, aber normalerweise benutzt man das Wort "cult", wenn es um eine relativ geschlossene, gut definierte Gruppe ist, wie eine religiöses Sekte oder eine politische Splittergruppe mit großem Einfluß auf das Privatleben der Mitglieder.
Wenn Du das Wort cult im deutschen Sinne benutzt (Kultfilm, Haarkult, Schönheitskult, Körperkult), könnte Dir das im Englischen Probleme machen. Ich würde vorher abchecken, ob Deine Themenwahl zur Vorgabe paßt.
Guck mal hier bei Wikipedia nach:
http://en.wikipedia.org/wiki/Cult_%28disambiguation%29
Da steht:
Cult, in its original sense, refers to:
* Cult (religious practice), the totality of external religious practice and observance, the neglect of which is the definition of impiety
Cult may also refer to:
* Cult, a cohesive group of people devoted to beliefs or practices that the surrounding culture or society considers to be outside the mainstream.
Das heißt, Du benutzt das Wort ein bißchen anders, als vielleicht gemeint ist. Ich würde das abklären. Denn cult ist ein false friend, d.h., ein Wort, das nicht genau deckungsgleich mit seinem deutschen Zwilling ist.
Zum Thema.
Ich glaube, ich würde erstmal erklären, wieso es diese Langhaar-Subkultur gibt. Vor 100 Jahren wäre das nicht nötig gewesen, weil da lange, ungefärbte, ungestufte Haare die Norm waren. Die großen Veränderung würde ich zumindest in der Einleitung erwähnen:
1. Weltkrieg, Herrenschnitte, kürzere Röcke, Frauen übernehmen in Kriegswirtschaft Männerarbeit, Emanzipation, Wahlrecht
2. technologische Neuerungen in den 30er, 40er Jahren: Dauerwelle, Haarfärbungen, werden in den 50er Jahren mit der Weiblichkeitswelle nach dem 2. Weltkrieg allgemein üblich, so wie Make up. Das Frauenideal wandelt sich, ebenso die Haare. Junge Mädchen dürfen kurze Haare haben, ein Übergangsritual zum Erwachsenswerden ist der Haarschnitt, der mit Friseurbesuchen aufrechterhalten wird.
3. Die 60er und 70er Jahre bringen den Stufenschnitt (Vidal Sassoon) und vorübergehend eine Renaissance des langen, natürlichen Haares. Langes, offenes Haar gilt als Hippie und rebellisch, die angepaßte, arbeitende Frau und bzw oder Mutter hat einen Stufenschnitt.
Und dann bist Du bei der heutigen Situation. In einer Welt voll gefärbter Stufenschnitte ist die Entscheidung, bewußt zu archaischen Haar-Ritualen zurückzufinden (Öl statt Silikone, seltener waschen, Essigrinsen etc, Dutt statt Föhnwelle....) etwas Subversives. Per Internet finden sich die vorher latent Langhaar-Interessierten zusammen.
Ohne Internet mit seinen vielen Biotopen und ökologischen Nischen wäre jede von uns Einzelkämpferin, langhaarige Männer noch mehr. (Ich würde ein Kapitel den Männern widmen, einer hochgeschätzten Spezies.)
Und dann würde ich beschreiben, wie sich die typische Karriere eines LHC oder LHN-Mitglieds abspielt. Auf der Suche nach Haartips per Google zum Forum gestoßen - festgelesen - fasziniert und überwältigt - Erkennen des Inneren Langhaars, das heraus will wie Michelangelos Mensch aus dem Marmor - Lurken - Anmeldung - Fragen - eigenes Tagebuch einrichten - Experimente - Herauskristallisieren eines eigenen Stils - erste Tips an andere - große Investitionen in alles, was im Forum empfohlen wird - Ficcares und Kokosöl, Figure8-buns und Haarstäbe - und dann irgendwann färbt das aufs RL ab. Man wird zur Haarspezialistin.
Die Gemeinschaft wird, wie jede Gemeinschaft, durch Lingo gekennzeichnet: Wildsau bzw <a href="http://www.langhaarnetzwerk.de/phpBB3/viewtopic.php?t=220">BBB</a>, SBC, SMT, S&D. Nur Insider verstehen sie, so grenzt man sich ab. Der Umgangston ist freundlich-weiblich und nicht konflitkorientiert (eine im Ton sehr ähnliche, aber pingeligiere Atmosphäre herrscht in der ganz anders gearteten Republic of Pemberley, einer Jane-Austen-Seite riesigen Ausmaßes). Ganz anders als viele politisch oder weltanschaulich orientierte Gemeinschaften, in denen ohne Antwort nur monologisiiert wird.
Wenn mal ein kleiner Konflikt vorkommt, wird er weitgehend mit "weiblichen" Mitteln gelöst: mit gegenseitigen Entschuldigungen und einem freundlichen Smilie. Im amerikanischen Forum werden schon mal Leute ausgeschlossen, ich weiß nicht, ob das hier schon vorgekommen ist. Zu vielen Posts gehört das mitgeschriebene oder mitgedachte: YMMV, your mileage may vary.
Ein weiteres Kapitel wäre die Berührung von Forum und RL: Wanderpakete, Gruppenbestellungen und schließlich Treffen.
Das wäre, off the top of my head, mein brainstorm für so eine Arbeit
Ah, ich sehe gerade, Du hast die Einleitung schon.
Hm, ich glaube trotzdem, es ist ganz interessant zu prüfen, wo der Übergang von der Forenaktivität zum RL sichtbar wird. In kritischerem Blick auf Haare (die einem wie ein lebender Organismus vorkommen, wie ein Haustier, das man hegen muß, und die man bemitleidet, wenn sie von ihren Herrchen "mißhandelt" werden), in größerer Bereitschaft, auch die verrücktesten Dinge aufs Haar zu schmieren, und in einer gewissen täglichen Besessenheit: wie sehen sie aus? muß ich waschen? wie wasche ich heute? färbe ich? warum? etc.
Einem Außenstehenden muß es komplett tralalaa vorkommen, daß erwachsene Menschen so viel Zeit und Mühe auf die Analsye einer Reaktion der Kopfhaut auf Honig im Vergleich zu Honig und Ei verwenden. Uns hier kommt es normal vor, ja wir verstehen nicht, wie andere Leute ihren haaren gegenüber so gleichgültig sein können, ja - sie ABschneiden können! Wir trauen uns nicht immer, unsere Besessenheit draußen zu zeigen. So wird das Forum zu einer Art Zuflucht für die ganz persönliche Besessenheit....