
Dies wird also eine kleine Zusammenfassung aus Infos, die sich teilweise aus Online-Quellen und teilweise aus Erfahrungen meinerseits zusammensetzen, ich werde beides jeweils kenntlich machen und gebe mir Mühe sie nicht zu vermischen. Eventuell wird dieser Beitrag noch durch Informationen ergänzt, wenn ich wieder Zugang zu meinen Büchern habe *im Urlaub bin*
Vielleicht aber auch nicht.
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Vorab: Da es in meinem Text um Inhaltsstoffe geht, die vornehmlich in Spülungen/Condis eingesetzt werden, dreht sich hier alles mehr oder weniger um selbige.
Und: Emulgatoren und Tenside sind im Grunde dasselbe.
Basisinformationen:
Kationische Tenside besitzen eine positive Ladung, wodurch sie in der Lage sind, an negativ geladener Haut / negativ geladenem Haar anzulagern und dort die Ladung zu neutralisieren. Was bedeutet das für uns als Haarforum? Das Haar "fliegt" weniger, soll sich besser kämmen lassen, fühlt sich weicher an und durch das Aufziehen aufs Haar wird die Oberfläche geglättet, was zu vermehrtem Glanz führt. Daher finden kationische Tenside meist Einsatz als Weichmacher, Filmbildner und Antistatika in Spülungen sowie Haarkuren, aber auch in Weichspüler für Wäsche. Die Reinigungskraft gilt als schwach (dennoch sind Spülungen das bevorzugte Mittel vieler, Ölkuren wieder auszuwaschen). Meist handelt es sich bei dieser Tensidgruppe um quartäre Ammoniumverbindungen (Quats) und auch die hier oft diskutierten Polyquats (Polyquaternium-"Zahl") gehören dazu.
Kationische Tenside gelten als hautreizend, haben eine gewisse konservierende Wirkung und lassen sich nicht ohne Weiteres biologisch abbauen.
Wie man kationische Tenside/Emulgatoren in Produkten erkennt, habe ich mir von Sirjas Seiten "geliehen" (und gekürzt) - mea culpa.
Kationaktive Tenside in der INCI-Liste:
Sie lassen sich meist an den Wortbestandteilen "ammonium" oder "onium" erkennen, die im Gegensatz zu den anionischen Tensiden eher in der Mitte des Begriffs auftauchen. Zudem haben sie immer ein Gegenion wie Chlorid oder Bromid.
Weiteres Erkennugnsmerkmal ist der Wortbestandteil "quaternium".
Beispiele:
Cetrimonium Chloride, Cetrimonium Bromide, Acetamidopropyl Trimonium Chloride, Quaternium-XX ... Polyquaternium-XX, Behentrimonium Chloride (die meisten KK-Spülungen und Kuren beruhen auf letztgenanntem Stoff!)
"Bad News":
1) Das Umwelt-Problem:
Wie bereits erwähnt, soll die biologische Abbauarbeit kationischer Tenside als kritisch anzusehen sein. Dementsprechend sind z.B. laut Codecheck die meisten als "weiger empfehlenswert" eingestuft, während es manche immerhin noch auf "eingeschränkt empfehlenswert" schaffen (hab selbst einige eingegeben, wer's nicht glaubt prüft's nach). Und Wiki ergänzt dazu:
Viele quartäre Ammoniumverbindungen werden in Kläranlagen schlecht eliminiert und gelangen so in erheblichen Mengen in die Oberflächengewässer.
2) Das Haut-Problem:
Kationischen Tensiden wird ein gewisses irritatives Potential nachgesagt, kurz: sie gelten als hautreizend. In einem Beitrag des Selbstrührerforums "Rührküche", hat sich schon jemand darüber ausgelassen. Heike (betreibt Olionatura und Rührküche) schreibt:
Sirja erwähnt besonders Polyquats betreffend:Ganz kurz erläutert: Tenside sind »oberflächenaktive Stoffe«, die ganz besonders hydrophil, wasserlöslich sind. Sie interagieren mit den Barrierelipiden der haut, verändern ihre Struktur, und besonders starke Tenside lösen sie teilweise auch aus der Haut und wirken irritierend. Als besonders verträglich gelten nichtionische Tenside, besonders kritisch sind kationische (Incroquat!).
Bei sensibler Kopfhaut ist einem also dazu angeraten, sie nicht mit Condis/Kuren in Kontakt zu bringen. Auch bei anderen sensiblen Hautpartien (Hände, Gesicht) ist jedoch Vorsicht geraten. Warum? Ihr tragt das Zeug mit euren Händen auf und auch nach der Wäsche bleiben Rückstände im Haar zurück (weil betreffende Stoffe Filmbildner sind!) und euer Haar hat häufig Kontakt mit eurer Gesichtshaut und euren Händen.Deswegen sollte man diese Stoffe, oder Produkte, nur mit Bedacht verwenden. Besonders, wenn man unter Kopfhautproblemen, wie Schuppen, leidet. Zumindest sollte man die Produkte sparsam anwenden, nur im Haar verteilen und immer gut ausspülen.
3) Das Haar"pflege"-Problem:
Nochmal: Kationische Tenside lagern sich an das Haar an, machen es glatt und geschmeidig. Es sieht also gesünder aus und fühlt sich gesünder an. Ist es aber nicht. Gesundes Gefühl und Optik mögen jedoch dazu verleiten weniger zu pflegen. Es folgen Haarschäden durch Vernachlässigung. Denn, so Olionatura:
Auch berichten einige von einer austrocknenden Wirkung gerade von Behentrimonium Chloride - in Selbstrührerkreisen in Kombination mit Cetylalkohol als Incro, Incroquat und Kurquat bekannt. Dieser Stoff ist es, der aus einer (KK) Spülung, überhaupt erst eine Spülung macht und auch in vielen Kuren enthalten ist. Teilweise wird erwähnt, die austrocknende Wirkung werde stärker, je länger der Stoff auf dem Haar verbliebe, also je länger der Abstand zwischen den Haarwäschen ist. Berichte über Austrocknung findet man beispielsweise in der bereits erwähnten Rührküche, sowie im Beautykosmos.Einen Pflegeeffekt weisen kationische Tenside nicht auf; sie suggerieren nur gepflegtes Haar.
Die Alternative zu Incro/Behentrimonium Chloride:
Wer echte Naturkosmetik benutzt, der muss keine Angst vor Behentrimonium Chloride haben. In NK findet meist der BDHI-konforme Stoff Stearamidopropyl Dimethylamine Verwendung. Im sauren pH-Bereich wirkt er ebenfalls kationisch und kann so die Funktion des Incros übernehmen. Die beliebte Sante Brilliant Care baut beispielsweise auf diesem Stoff auf. Den Rest zu diesem Stoff steht im Rohstoffportrait.
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Mein Senf:
[Meine Erfahrungen beziehen sich vornehmlich auf die Verwendung von Spülungen/Condis. Kuren und andere Produkte die kationische Tenside/Emulgatoren enthalten könnten, habe ich schon derartig lange nicht mehr benutzt und auch dann nur eher sporadisch, dass ich darüber keine Aussagen machen kann.]
Seit ich aus dem Kleinkindalter raus und selbst für meine Haarhygiene verantwortlich war, habe ich eigentlich immer Spülungen verwendet. Weil man das so macht. Weil alle es tun. Weil das Fernsehen mir sagt ich soll. Und weil ich dachte es sei nötig, denn meine Längen und Spitzen waren furztrocken. Und überhaupt wurde es immer schlimmer, je länger die letzte Wäsche her war. Vor einigen Jahren dann, noch vor Anmeldung hier im LHN, wurde ich durch das Internet (I lubs the intertubes!) auf das "Silikon-Problem" aufmerksam. Also wurde alles auf mit-ohne-Silikon umgestellt und die Entwicklung über 1 Jahr beobachtet. Meine Längen und Spitzen waren furztrocken. Ich meldete mich im Langhaarnetzwerk an, probierte Naturkosmetik und Öle aus. Meine Längen und Spitzen waren furztrocken, (dafür aber der Ansatz manchmal klebrig *g*). Irgendwann dann, vor ungefähr 2 Palmin-Packungen (was wäre das wohl in 'ner richtigen Zeitangabe? Ca. 1,5 Jahre?) ließ ich die Spülung einfach mal weg. Den Längen und Spitzen ging es besser! Allerdings hab ich das nicht geschnallt.

Es folgten Versuche mit selbst gemachter Incro-Spülung. Längen und Spitzen: Arghs!

Hautprobleme hatte ich nie - zumindest keine die ich sicher auf den Stoff Behentrimonium Chloride (Incro) zurückführen könnte. Weder bei selbst gemachten, noch bei gekauften Produkten.
Inzwischen hab ich's endgültig dran gegeben und den Feind eindeutig identifiziert: Behentrimonium Chloride.
Je länger die Wäsche zurück liegt, desto schlimmer wird es. Trockener werdende, störrische, knirschende Spitzen. Und es dauert seine Zeit, bis das Haar wieder im guten Zustand ist, nachdem ich es gewagt habe mal wieder eine derartige Spülung zu probieren (ca. 2-4 Wäschen). Ohne diesen Stoff werden meine Längen und spitzen im Laufe der Woche (ich wasche 1x die Woche) saftiger und weicher. Ein Zustand von dem ich früher nie zu träumen gewagt hätte.
Die von mir genannte Alternative Stearamidopropyl Dimethylamine vertrage ich da besser. Auf Dauer werden wir zwar auch keine Freunde - ich mag einfach das Gefühl von Condi in meinem Haar nicht mehr und meine festzustellen, dass Stearamidopropyl Dimethylamine bei mir ebenfalls austrocknet, wenn auch nicht so schnell - aber es führt zumindest nicht sofort zu einer Katasrophe.
[Das ist meine Meinung, basierend auf meinen Erfahrungen, was bedeutet dass ich hier so subjektiv sein darf wie ich will. Wem das nicht passt oder wer Beobachtungen macht die den meinen widersprechen, muss mir das nicht per PN mitteilen.]
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Quellen:
- Sirjas Seite zum Thema: Tenside
- Olionatura: Tenside auswählen
- Wiki-Artikel: Quartäre Ammoniumverbindungen (interessant besonders die Punkte Verwendung und Biologische Bedeutung)
- Rührküche: Quaternäre Ammoniumverbindungen
- Rührküche: "Böse" Tenside?
- Beautykosmos: Nach nunmehr 3 Monaten Incro-Spülung gebe ich auf!
- Olionatura: Stearamidopropyl Dimethylamine
- LHN: Incro-Spülung (variabel)
Bezugsquellen:
- Incro: Behawe
- Stearamidopropyl Dimethylamine: aleXmo
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Disclaimer:
Hier soll niemandem was madig gemacht oder den Spaß an seiner Spülung verdorben werden. Auch möchte ich keine Panik verbreiten. Viele kommen anscheinend sehr gut mit Behentrimonium Chloride im Speziellen und kationischen Tensiden im Allgemeinen klar, oder behaupten dies zumindest. Nicht ohne Grund gibt es hier derartig viele positive Testberichte von diversen Condis und nicht ohne Grund gibt es hartnäckige Anhänger der "heiligen Incro-Spülung". Auch laut Codecheck könnte es schlimmer kommen, denn zumindest Behentrimonium Chloride erreicht dort immerhin noch ein "eingeschränkt empfehlenswert".
Wer jedoch ähnliche Erfahrungen gemacht hat wie ich und über deutlich trockenere Spitzen klagen kann, je länger die letzte Haarwäsche her ist, der sollte vielleicht mal versuchen einen Bogen um Behentrimonium Chloride zu machen. Trockenheit kann viele Ursachen haben, z.B. bereits vorhandene starke Schädigung, austrocknende Behandlung (Fön, Glätteisen, extreme Sonneneinwirkung, Färben), austrocknende Pflegeprodukte (Behentrimonium Chloride)... und es ist nicht gesagt, dass sich das Problem eines jeden so lösen lässt, aber einen Versuch ist es meiner Meinung nach wert.
(Achtung: Haar fühlt sich nicht wirklich toll an, wenn man ohne Condi wäscht und es noch nass/feucht ist. Es wird aber besser, wenn die Haare erst richtig getrocknet sind. Einfach aussitzen!).