Die Haare waren noch einmal etwas Besonderes, da sie mit Kraft in Verbindung gebracht wurden. Das findet sich nicht nur in der Bibel, sondern in unseren Breiten z.B. auch bei den Merowingerkönigen *hört hört*. Die Kraft äußerte sich auch in bestimmten übernatürlichen Fähigkeiten, wie etwa heilende Handauflegung. Wöchnerinnen, Kranke und kleine Kinder bis zum ersten Lebensjahr durften in manchen Gegenden nicht gekämmt werden, da ihnen das zuviel Kraft abziehe, die sie zum Genesen bzw. Wachsen benötigten. (1) Langes, feines, offen getragenes Haar galt als eine Art Antenne für Übersinnliches jeglicher Art; Aufstecken konnte im Notfall als Schutz benutzt werden. (x)
Abgesehen davon gab es alle möglichen - hm - interessanten

Lapislazuli soll die Haare voll, gesund, kräftig, schneller und vor allem lockiger wachsen lassen; denselben Effekt schrieb man früher Kämmen aus Schildpatt

Vergräbt man mit einem Hopfensteckling etwas abgeschnittenes Haar, so beginnt das Haupthaar genauso zu sprießen. (x)
Zauberspruch, vor dem Spiegel zu sprechen:
"Ich befehle jetzt das Wachstum meiner Haare.
Ich bin die Wurzel, die so schwach scheint;
Ich bin die Kraft, die aus mir selber wächst und nie vergeht." (x)
Wenn man sich im ersten Regen im Mai barfuß und mit unbedecktem Kopf, am besten ganz und gar nackig, im Kreis dreht, sollen die Haare nach einer böhmischen Überlieferung besonders gut wachsen. (3)
Meine Überlegung dazu: Wenn der Regen das Haarwachstum anregt, würde ich mich lieber nur mit bloßem Kopf im Regen drehen...

Märzenwasser, d.h. das Wasser vom allerersten Regen oder Schnee im März, wurde das ganze Jahr über aufbewahrt und für alles mögliche verwendet, vom Vertreiben des Ungeziefers bis hin zur Schönheitspflege. Die Haut soll davon schöner werden, es hilft gegen Sommersprossen, und man verwendete es auch zum Haarewaschen - vermutlich, damit die Haare auch schöner würden. (4)
"Ein Rezept aus dem Jahr 1600 empfiehlt Frauen, Pappelknospen oder »-zäpflein« mit Butter zu zerstoßen und in einen Topf zu legen. Dieser wird anschließend fest verschlossen und eine Woche aufbewahrt. »Darnach setzen sie den Topf zu dem Feuer, behalten's in einem sauberen Geschirr. Und so oft sie das Haar gewaschen und die Haar getrocknet haben, schmieren sie darauf diese Salbe. Also werden die Haare nicht allein schöner, sondern wachsen auch länger.«" (5)
Aalfett soll neben allerlei anderen Wunderwirkungen auch das Haar kräftigen (6) - allerdings wird die genaue Gebrauchsanweisung in der von mir konsultierten Literatur schändlich unterschlagen.

Aber auch um den Kamm haben sich die seltsamsten Vorstellungen gerankt. Beispielsweise sollte als Heilmittel für alles mögliche ein Kamm auf eine schmerzende Körperstelle oder unter ein Krankenbett gelegt werden; als Schutz, vor allem für Wöchnerinnen, wurde ein Kamm um den Hals gehängt. (7) Und es gibt viele Märchen, in denen eine Nixe dem Pechvogel aus Mitleid ihr wichtigstes Schönheitsutensil schenkt, woraufhin er immer Glück hat - solange er den Nixenkamm, der bei Tag betrachtet womöglich wie eine alte Fischgräte aussieht, in Ehren hält. (x)
Weiß jemand noch mehr? *hechels*
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Fußnoten:
(1) Vgl. Bandini, Ditte und Giovanni, Kleines Lexikon des Aberglaubens, München 1998, 153.
(2) Freund Google liefert mehr als genug Evidenzen dafür; gehört zum Standard auf jeder Steinseite.
(3) Vgl. Bandini, 45.
(4) Vgl. ebda, 203
(5) Ebda, 233.
(6) Vgl. ebda, 9.
(7) Vgl. ebda, 153.
(x) selber damit aufgewachsen oder Quelle längst verschwitzt