Lange Haare ziehen optisch das Gesicht runter, dh, machen älter.
Das liest man sooo oft, wenn man unvorsichtigerweise ohne Buch in eine Arztpraxis gegangen ist und nun auf Frauenzeitschriften angewiesen ist. Das richtet sich natürlich gegen "Frauen in einem gewissen Alter". Einerseits machen lange Haare älter ("ziehen runter"), andererseits will frau damit jünger wirken ("hinten hui, vorne pfui"). Beides gaaaanz schlimm.
Lange Haare machen viel Arbeit. Lange Haare sind dünner als kurze. (Beides optische Täuschungen

) Lange Haare sind langweilig. Lange Haare, die einfach runterhängen, sind ungepflegt.
Hab ich alles schon x-mal gehört, besonders von Frauen der älteren Generation, die selbst nie lange Haare hatten.
Und ein schöner Mythos: Frauenhaar zieht (oder bindet) stärker als Glockenseil. Die magischen Eigenschaften von Haar - ich denke da auch an Krabat und den Ring von Haar, den er von der Kantorka bekommt. Die Haare, die Lene um ihre Blumen bindet, in "Irrungen Wirrungen" - und damit bindet sie Botho wirklich, er kann sie nie vergessen. Ein symbolischer Akt, der zusammenfaßt, was sich zwischen beiden abspielt.
In der Poenichen-Trilogie von Christiane Brückner sagt eine alte Frau zu Maximliane, der Heldin "wie die Haare, so der Mensch", und nachdem sie Maximilianes weiches Haar betrachtet, sagt sie: du bist ein Flüchter, kein Kämpfer, und das stimmt.
In der Literatur hat man auch endlose Variationen der Haare als Charakteristikum der Helden oder Heldinnen. Widerspenstiges Haar findet sich nur selten auf dem Kopf von sanften Heldinnen (interessant, wie in Enid Blytons Abenteuer-Serie derselbe widerspenstige Büschel über der Stirn aus Bruder Philipp einen interessanten, einzigartigen Jungen macht, seine Schwester Dinah dagegen zu einer Nervensäge, die immer die Oberhand haben möchte). Eine Frau, die jedes widerspenstige Haar in ein Netz oder eine feste Frisur zwingt, zeigt uns dadurch, daß sie sich unter Kontrolle hat.
Alice von Herdan-Zuckmayer erzählt in ihren Erinnerungen von den Horrorgeschichten, die ihr Kindermädchen ihr erzählte, um sie zum Kämmen zu bewegen.Sie fürchtete sich als Kind davor, einen Weichselzopf auf dem Kopf zu haben, so verklettetes Haar, daß man es nie mehr auseinanderkriegt. Leider weiß ich die Einzelheiten nicht mehr und das Buch hab ich auch nicht mehr. Aber die Geschichten, die man Kindern erzählt, damit sie sich die Qual von engen Kämmen und kratzigen Bürsten gefallen lassen, sieht man ja im Struwwelpeter vorgeführt.
Lange Haare, kurzer Verstand - das habe ich als Kind mehrmals gehört.
Das sind Mythen oder Vorurteile aus dem Bereich lange Haare. Allgemeine Haar-Mythen - da kenne ich die meisten, die hier schon genannt wurden. Geh nicht mit nassen Haaren raus - da wirst du sofort krank. Wenn man die Haare oft schneiden läßt, wachsen sie stärker nach. Haare, die über Nacht weiß werden. Gelatine essen macht kräftige Haare.
Das sind anscheinend weit verbreitete Beispiele von hartnäckigem Volksglauben
