Ich glaub, da muss die Theologin mal ein bisschen was dazusenfen.
Peti hat geschrieben:Fylgja hat geschrieben:1.Korinther 11,5ff.: "Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie betet ... und dabei ihr Haupt nicht verhüllt. ... Wenn eine Frau kein Kopftuch trägt, soll sie sich doch gleich die Haare abschneiden lassen."
1.Korinther 11 (LUT) Vers 14 "Lehrt euch nicht auch die Natur, dass es für einen Mann eine Unehre ist, wenn er langes Haar trägt, aber für eine Frau eine Ehre, wenn sie langes Haar hat? Das Haar ist ihr als Schleier gegeben."
Bin verwirrt, das widerspricht sich doch. Und wer hat das geschrieben? War das nicht Paulus?
Ja, das war Paulus. Und nein, er widerspricht sich nicht.
Er hat den Korintherbrief an eine Gemeinde geschrieben, die er einige Zeit vorher gegründet hatte und wo es seiner Meinung nach einige Missstände gab, zu denen er unbedingt was sagen wollte. Als Hintergrund muss man wissen, dass hier mindestens zwei, wenn nicht drei Kulturen miteinander zu tun hatten: Das Gebiet, in dem die Geschichte begann, wegen der er unterwegs war, waren verschiedene Provinzen im heutigen Israel. Die meisten Menschen dort waren Juden, eine Mehrheit, die von einer Minderheit von Römern regiert wurde. Die meisten Juden in dieser Gegend besaßen das römische Bürgerrecht nicht (obwohl Judäa und Galiläa römische Provinzen waren) und waren dementsprechend einigermaßen rechtlos. Paulus dahingegen stammte aus Tarsus, das liegt in der heutigen Türkei (Kleinasien war auch römische Provinz). Er war Jude, hatte aber auch das römische Bürgerrecht, das heißt er wurde sowohl mit jüdischen als auch römischen Bräuchen groß. Korinth (und viele andere seiner neu gegründeten Gemeinden) lagen allerdings in Griechenland, einem "heidnischen" (polytheistischen) Gebiet mit einer anderen Kultur und anderen Bräuchen.
Ich fange mit der zweiten Textstelle an, dann ist der Zusammenhang einfacher zu verstehen: Paulus war der Meinung, dass sich Frauen und Männer auch äußerlich deutlich voneinander unterscheiden sollen, und er hatte recht genau Vorstellungen davon, wie das auszuschauen hatte. Aus seiner Äußerung geht hervor, dass er für Männer kurze Haare als angemessen empfindet. Das dürfte römischer Brauch gewesen sein, jüdischer eher nicht. Wir wissen von vielen Juden dieser Zeit mit längeren Haaren, und die Darstellungen, die Jesus und seine Gefährten mit etwas längeren Haaren zeigen, dürften zutreffend sein. Paulus war jetzt offensichtlich der Meinung, dass die Korinther es nicht so handhabten, wie er es für richtig hielt und hat deshalb etwas dazu gesagt.
Zum ersten Zitat (was für eine Übersetzung ist das eigentlich?): Paulus ist der Meinung, dass langes Haar sich für eine Frau "gehört", und dass sie es verhüllen soll, wenn sie betet oder prophetisch redet. Das war wohl ein Zeichen dafür, dass bei diesem Vorgang Äußerlichkeiten nicht so wichtig sind, sondern dass es dabei nur auf das Innerliche ankommt. Der letzte Teilsatz heißt wörtlich übersetzt: "sonst ist es so als ob ihr Haupt geschoren wäre" - damit ist gemeint, wenn eine Frau mit unbedecktem Haupt mit Gott oder in Gottes Namen spricht, entehrt sie sich soweit, dass sie genausogut ihre Haare (=ihre Ehre) abschneiden könnte.
Der Brauch, sich den Kopf zu bedecken, wenn man vor Gott tritt, hat sich in vielen jüdischen Gemeinden erhalten: Männer tragen in der Synagoge eine Kipa, Frauen häufig ein Kopftuch. Traditionell gibt es für Männer den Talitschal, mittlerweile gibt es auch Exemplare für Frauen.
Hier kann man sich einige Exemplare anschauen.
Im Christentum war es lange üblich, dass Männer den Hut abnehmen, wenn sie eine Kirche betreten - Frauen behalten ihn (oder was auch immer sie sonst auf dem Kopf haben) dahingegen auf. Ausnahme: die
Pileoli der (höheren) Kleriker und Ordensmänner der katholischen Kirche. Sie haben die gleiche Form wie die jüdische Kipa, haben aber eine andere Funktion. Ursprünglich haben sie wohl die Tonsur bedeckt. Die Pileoli werden immer in der Liturgie getragen (mir ist auf der Straße noch nie ein Bischof mit Pileolus begegnet, da gehen sie immer in "Zivil"). Während des Hochgebets oder zur Aussetzung der Monstranz werden sie aber als Zeichen der Verehrung des Allerheiligsten abgenommen. Die Tradition, dass sich Frauen in der Kirche den Kopf bedecken, hat sich verloren, als Hüte aus der Mode kamen - und als das katholische Kirchenrecht geändert wurde: Im CIC von 1917 gibt es noch einen Passus, der vorschreibt, dass Frauen während der Messe den Kopf zu bedecken haben, im CIC von 1983 taucht dieser nicht mehr auf. Ein interessanter Artikel zur Verschleierung im christlichen Kontaxt und der Frage nach patriarchalen Einflüssen findet sich
hier und ein gut recherchierter, der die Zusammenhänge mit dem Feminismus beleuchtet (und eine Interpretation zu den obigen Textstellen enthält)
hier.
In sehr katholischen Gegenden (z.B. Italien, aber auch Teile der USA) ist es nach wie vor üblich, die Haare beim Gottesdienst (oder bei einer privaten Papstaudienz) mit einem Spitzentuch zu bedecken.
Link. Auf youtube z.B. zu sehen bei SheIsCatholic:
Church Veils, how to wear a mantilla.
Ostwind hat geschrieben:Zum Christentum fällt mir ein, daß die Nonnen ihre Haare immer bedecken.
Nö. Es gibt auch Nonnen (und Mönche), die komplett ohne Habit unterwegs sind. Es gibt Orden, die immer Habit tragen, solche, die nie Habit tragen, solche, die Habit nur zu bestimmten Gelegenheiten tragen und solche, die ihren Angehörigen das Tragen eines Habits freistellen.
Und auch haarbedeckende Habits können bei Nonnen ganz unterschiedlich aussehen, z.B.
so oder
so.
Ich bin mir nicht sicher, ob verschleierte Nonnen ihre Haare alle kurz tragen, aber ich weiß, dass es bei der Aufnahme in den Orden abgeschnitten wird als Zeichen dafür, dass man alte Bindungen hinter sich lässt und alle Eitelkeiten und Äußerlichkeiten ablegt.