Was für ein "origineller" SpruchSchattentänzerin hat geschrieben:Bei Facebook habe ich heute eine Nachricht von einem Fotografen bekommen. Er würde meine Haare gerne bei 'nem Aktshooting in Szene setzen.![]()


Auf FB (oder Sonstwo im Zwischennetz) ist mir Derartiges noch nie auch nur ansatzweise passiert (hab aber auch abgesehen vom Avatar hier nirgends Bilder von mir hochgeladen, weder mit noch ohne Haaren), dafür gelegentlich im "echten" Leben, auf Festivals oder so. Bin erst seit ein paar Jahren bei Facebook angemeldet, aber schon immer auf verschiedensten Plattformen in unterschiedlichen Bereichen im Netz aktiv gewesen, wobei trotz vielfältigstem Kontakt zu meist ansonsten völlig Fremden (sogar auf ner Dating-Seite) nie auf derartige Weise eine Grenzübertretung stattgefunden hat. Ich finds interessant, dass doch so viele von euch da einschlägige Netzerfahrungen machen mussten, und frage mich, ob das irgendwie daran liegt, in welcher Umgebung man sich extrovertierter verhält. Bei sehr vielen scheint das ja das Internet zu sein, wo sie mehr von sich preisgeben, mehr und mit weniger gut bekannter Leuten über intimere Dinge kommunizieren, als beispielsweise im privaten Offline-Alltag, im Arbeitsumfeld und so weiter. Da ich Facebook und einige andere Plattformen hauptsächlich beruflich nutze, und statt dessen im Privatleben unter Menschen "zutraulicher" bin und eher aus mir herauskomme, tritt anscheinend der genau umgekehrte Effekt ein

Ist schon klar, dass es bei Facebook (oder Studi-VZ, Last FM, Xing usw.) verführerisch ist, dass man alles liken kann was einem irgendwie ins Auge springt, schöne Bilder von sich zur allgemeinen Bewunderung präsentieren darf, und ganz viele Felder mit privaten Infos ausfüllen kann. Das erzeugt sicher irgendwelche Glücksgefühle, die denen gleichen, die nach dem kompletten Ausmalen einer Seite in einen Malbuch auftreten. Da liegt aber meines Erachtens der Knackpunkt. Vielleicht trete ich nun einigen auf die Füße, aber ich behaupte: Man will ja diese Informationen und Bilder verfügbar machen, weil man was davon hat. Man will ja, sofern man Facebook privat nutzt, von Leuten, die einem sympathisch sind, wegen seines Musikgeschmacks angesprochen, von ehemaligen Schulkollegen gefunden, und anhand seiner Bilder erkannt werden oder Aufmerksamkeit bekommen. Man will aber nicht von den falschen Leuten kontaktiert oder mit unseriösen Anfragen belästigt werden, die aufgrund dieser Informationen und Bilder stattfinden.
Aber wo ist da nun der Unterschied zum Offline-Leben? Auch da "teilt" man bestimmte optische Ansichten, Kontaktdaten und private Details von sich mit unterschiedlichen "Nutzergruppen". Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, wieso die meisten noch immer das Internet als eine Art andere Welt betrachten und sich dort so verhalten, als wäre da alles irgendwie nicht echt, und unseriöse oder lästige Kontakte seien daher besonders tückisch und gefährlich, weil sie ausnutzen, dass man sich im Internet anonymer oder auf irgendwelchen Plattformen unter sich wähnt.
Wenn ich mir hier im Forum aber so einige Threads durchlese, wird sehr deutlich, dass eigentlich allen das Gegenteil bewusst sein müsste, Stichworte: Blöde Haarfragen, Offentragen in der Öffentlichkeit, Haarspielzeug in der Schule, Haare von Fremden angefasst, ... fast jeder hat schonmal irgendeine Form von unangenehmer Aufmerksamkeit von Staaren/Nachlaufen über unverschämte verbale Näherungen oder gar noch deutlicheren Grenzüberschreitungen erlebt - wie viele davon waren im Offline-Leben, und wie viele davon im bösen bösen Internet? Persönlich fühle ich mich, was sowas angeht, im Netz sogar sicherer vor Belästigung als im Alltag draußen. Schließlich kann mich da jeder anglotzen, sich nähern, mich ansprechen. Ich kann niemanden blockieren oder mich für bestimmte Personen oder für alle unsichtbar machen, wie im Internet. In Foren oder auf Plattformen kann ich mich dafür entscheiden keine Fotos hochzuladen, nicht mal ein Avatarbild das mein Gesicht zeigt, und ich kann Felder für private Informationen unausgefüllt gelassen; auf der Straße kann ich aber keine Vollmaske tragen oder meinen Körper komplett verhüllen, meinen Wohnort sowie meine Wege und Ziele verbergen oder private Dinge, die etwas über mich verraten, wie Einkaufen oder Arztbesuche, im Geheimen durchführen, so dass es niemand beobachten kann. Im Internet kann ich mich an die Admins wenden, wenn mich jemand massiv belästigt; die RL-Admins bei der Polizei reagieren bei sowas in der Regel bei Weitem nicht so hilfreich. Daher denke ich, man könnte im Netz eigentlich problemlos alles teilen, was man im Offline-Leben auch öffentlich nicht verbirgt, und trotzdem wären die potentiellen Gefahren geringer. Man kann auch mehr von sich zeigen und mitteilen, und bei unangenehmen Begegnung die möglichen Ignorier- und Sperr-Vorrichtungen nutzen; ja man kann sich sogar so entscheiden, seine Onlineprofile weitaus uninformativer zu gestalten als die Realität. Viele Möglichkeiten im Facebook, die vor allem auf das ungewollte Erkanntwerden betreffen, wurden ja schon genannt. Ein ganz wichtiges Mittel ist meiner Erfahrung nach das strikte Trennen von Bereichen, und damit meine ich nicht nur, dass keine Fotos von der letzten Aftershow-Party auf dem Amphi irgendwo da landen, wo meine Oma, mein Diplom-Tutor, und mein Chef sie zu Gesicht bekommen können, sondern ich meine grundlegendes Trennen. Zum Beispiel verwende ich hier nicht meinen vollen Namen, teile aber Details zum Thema Haare - im Facebook verwende ich meinen vollen Namen und habe gewisse Daten wie Wohnort drin; wenn ich also nicht will, dass jemand, der mich anhand meines Namens und Wohnort erkennen kann, von meinen Haar-Interessen mitbekommt, oder jemand von hier meinen vollen Namen und sonstige Infos rausfindet, dann benutze like ich keine haarrelevaten Dinge oder lade Haarfotos in Facebook hoch. Wenn ich nicht will, dass Kontakte von irgendeiner Plattform mich auf einer anderen Wiederfinden, dann verwende ich weder die selbe Email-Adresse zur Kontenregistrieung, noch den selben Usernamen, noch verwende ich die gleichen Fotos oder Avatarbilder, die von der Google-Fotosuche gefunden werden. Wenn ich nicht will, dass jemand, der mein Aussehen und meinen Namen von Begegnungen im Urlaub oder auf irgendwelchen Parties kennt, alles Mögliche über mein berufliches Treiben erfährt, dann lade ich im Facebook keine Bilder hoch, anhand denen man mich bei der Namenssuche wiedererkennen könnte. Aber selbst in Foren wie diesem oder in sonstigen Hobby-Bereichen käme ich nie auf die Idee, Bilder von mir in öffentlich zugänglichen Bereichen hochzuladen, auf denen ich zu erkennen oder zu identifizieren wäre. Eigentlich erkenne ich da null Unterschied. Auch hier kann sich ja jeder anmelden und dann sämtliche Bilder, die die User teilen, sehen, speichern und weiterverteilen, genau so wie bei Facebook, und soweit ich es mitbekommen habe, gab es da auch schon den ein oder anderen Fall von angemeldeten Haar-Voyeuren, die hier passiv oder aktiv auf der Suche nach optischer Anregung waren

Jede Kontakt- und Kommunikationsform birgt nun mal die selben potentiellen Risiken, die sich in allen Fällen durch die gleichen Vermeidungen von missbräuchlich verwendbaren Entblößungen optischer und informativer Art minimieren lassen. So verstehe ich es auch nicht, wie manche Leute problemlos am Telefon jedem Callcenter-Agent, der danach fragt, ihr Alter und ihre Schuhgröße sagen und an der Kasse beim Aldi Erfahrungsberichte über ihre Gynäkologen austauschen, aber Angst vor Datenspionage im Internet haben.