Eitel!

[Clanherrin]

Bin ich eitel? Ja und nein. Ich muss mir gefallen. Was andere über mein Aussehen denken, ist mir heutzutage egal. Mit einer Ausnahme: Kundentermine! Wenn ich zu einem Kunden gehe (Präsentation, Akquise o.ä.), dann will ich ein angenehmes und stimmiges Gesamtbild abgeben. Dazu gehört dann leichte Schminke, ordentliche Haare, dezente Kleidung, ein freundliches, aber bestimmtes Auftreten, Händedruck weder zu fest noch zu schlabbrig, usw.
Wenn ich privat unterwegs bin, bin ich nur sehr selten geschminkt, meistens bequem gekleidet, es sei denn ich habe Lust auf eine spezielle Kleidung. So kann es passieren, dass ich an einem Tag mit Jeans und Schlabberpulli unterwegs bin und am nächsten mit Rüschenrock und Korsett. Beides Mal nur um einkaufen zu gehen.

Das war aber nicht immer so. Körperliche Makel habe ich seit meinem 10. Lebensmonat und kenne daher auch die Reaktion der Kinder "Iiiiieeeh, ist ja häßlich!! Neee, mit dir spiele ich nicht!" und die mitleidig-angeekelten Blicke der "Erwachsenen". Ich kenne das Verbergen der Makel mit Schminke und Kleidung und die Scham, anders zu sein. Aber ich kenne auch echte Freundschaft, die sich nicht durch Äußerlichkeiten blenden läßt. Und das hat mir im Laufe der Zeit geholfen, mit mir selbst ins Reine zu kommen.
Das hindert mich aber nicht daran, meine Haare liebevoll zu pflegen (es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn sie so weich sind und ich hatte schon immer einen Vogel, was Frisuren angeht ) und meinen Körper fit zu halten.
Ich bin nicht meine äußere Schale, aber sie ist ein Teil von mir.

[Arkadiana]

Clanherrin:
Das hast du toll geschrieben! Auch wenn ich in meiner Kindheit nicht unbedingt wegen Äußerlichkeiten gehänselt wurde, sprichst du mir aus der Seele!
Ich bin da genauso: mal Schlabberlook inkl. Jogginghose und danach schick gemacht mit allem drum und dran - beides zum Einkaufen oder in den Baumarkt...

[Hauself]

Ich muß gestehen, mein Blick ruht gerne auf "hübsche Menschen". Da freue ich mich dann immer über die Schönheit.
Oder die Vielfältigkeit, besonders große Menschen erstaunen mich immer wieder.

An mir ist das "Heraus-putz-Gen" komplett vorbei gegangen. Ich wüßte noch nicht einmal, für was welche Tiegelchen/Tübchen/Pasten/Stifte und Puder verwendet werden.

Aber wenn mal ein Dutt an mir gelungen und schön aussieht, bin ich schon etwas stolz. So fühle ich mich wenigstens vom Hinterkopf hübsch.

[Cassandra]

Ich finde, Eitelkeit ist, so lange sie keine ungesunden Ausmaße annimmt, nichts Negatives.

Als Teenager hatte ich starke Akne, daher genieße ich es jetzt, eine bessere Haut zu haben.

Ich sehe gerne gut aus und genieße es manchmal, mich richtig aufzubrezeln, habe aber auch kein Problem damit, ungeschminkt aus dem Haus zu gehen.

Und alles hat auch eine Kehrseite: wenn man in den Augen der meisten Menschen als gut aussehend / schön / attraktiv gilt, gibt es auch viele, die nur das Äußere sehen. Und wer möchte schon auf sein Äußeres reduziert werden?

Natürlich kann man dagegen auch etwas tun: sich nicht mit solchen Menschen abgeben, wenn man nicht muss.

[Bernstein]

Ich muß gestehen, mein Blick ruht gerne auf "hübsche Menschen". Da freue ich mich dann immer über die Schönheit.
Oder die Vielfältigkeit, besonders große Menschen erstaunen mich immer wieder.

Freude und Glücklichsein macht schön

[Hauself]

Freude und Glücklichsein macht schön

Zu mindestens hilft es, um "aus dem Inneren heraus zu Strahlen".
*Birnchen anknips + Mona Lisa Lächen üb*.

[Kalienchen]

Dazu ein Gedicht von Wilhelm Busch:

Er stellt sich vor sein Spiegelglas
Und arrangiert noch dies und das.
Er dreht hinaus des Bartes Spitzen,
Sieht zu, wie seine Ringe blitzen,
Probiert auch mal, wie sich das macht,
Wenn er so herzgewinnend lacht,
Übt seines Auges Zauberkraft,
Legt die Krawatte musterhaft,
Wirft einen süßen Scheideblick
Auf sein geliebtes Bild zurück,
Geht dann hinaus zur Promenade,
Umschwebt vom Dufte der Pomade,
Und ärgert sich als wie ein Stint,
Daß andre Leute eitel sind.

Eitelkeit hat m.E. mehr mit "Selbstverliebtheit" zu tun und eben nicht mit "Selbstliebe" im Sinne von: sich selbst etwas Gutes tun bzw., die eigenen positiven Aspekte zu sehen.
Eitelkeit lebt von Vergleich, Konkurrenz und dem Glauben an die Machbarkeit.

[Cassandra]

Ich denke, es kommt auf die Definition von "eitel" an.

Eine gewisse Eitelkeit ist durchaus "gesund", nimmt sie zu große Ausmaße an, ist sie das m.M.n. nicht mehr.

[falena]

Eine gewisse Eitelkeit ist durchaus "gesund", nimmt sie zu große Ausmaße an, ist sie das m.M.n. nicht mehr.

Genau das ist es.

[Jemma]

@Bernstein:
Deine Augenringe finde ich gar nicht so schlimm, ehrlich!
Ich habe auch dunkle Augenringe, die ungeschminkt noch viel stärker rauskommen, weil ich bis zu den Wangenknochen Sommersprossen und obendrüber genau um die Augen herum Vitilogoflecken (also gänzlich weiße Haut ohne Pigmente) habe, da sieht man die Augenschatten natürlich durch. Mein Abdecktrick ist der Cream-to-Powder-Concealer von alverde, darüber Minaeralpuder bzw. wenn ich mal eine stärkere Abdeckung mag Kompakt-Make-up.
Bei mir ist es unterschiedlich: Mal stört es mich, dann wird abgedeckt, und mal stört es mich nicht, dann mache ich gar nichts.

@Chantico:
Mir gefällt deine Idee, die "Grundpflege" so optimal zu halten, dass man dann wenig machen muss, um gut auszusehen bzw. sich wohl zu fühlen, das mache ich genauso - im Grunde genommen bin ich nämlich ein fauler Mensch.

@Fischli:
Wenn man Eitelkeit als gefallen wollen definiert, bin ich manchmal eitel. Meistens will ich mich nur wohlfühlen. Aber manchmal lege ich es gezielt darauf an, mit meiner Erscheinung zu beeindrucken oder zu gefallen. Trotzdem mache ich da noch eine Unterscheidung: Wenn ich mich besonders herrichte, um auf der Bank, einem Amt oder im Job etwas Bestimmtes zu erreichen, empfinde ich das nicht als eitel, sondern als zweckgebunden. Wenn es allerdings keinem anderen Zweck dient, als andere auf mich aufmerksam zu machen, empfinde ich es als eitel. Kann mir da noch irgendjemand folgen?

[Silberfischchen]

Ja, kann folgen. Drum heißt es ja auch gefallsüchtig. Einfach ein bisschen gefallen wollen, z.B. auch dem Partner oder den Eltern beim runden Geburtstag derselben oder so.... das ist normal. Aber wenn einen die Gefallsucht zerfrisst, wenn die Angst vor möglicherweise-nicht-gefallen-können überhand nimmt..... das ist die Eitelkeit, die so auf die Nerven geht.

[lisachen]

Aber wenn einen die Gefallsucht zerfrisst, wenn die Angst vor möglicherweise-nicht-gefallen-können überhand nimmt..... das ist die Eitelkeit, die so auf die Nerven geht.

Ich glaube da muss man dann aber auch noch zwischen Angst vor nicht Gefallen wegen Eitelkeit und mangelndem Selbstbewusstsein unterscheiden. Ich finde ersteres macht sich vor allem dadurch bemerkbar, dass man extrem um Bestätigung "bettelt", also fishing for compliments und übertriebene Fixierung aufs Äußere. Sofort in jedem Spiegel checken ob noch alles sitzt, etc.

Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich per Definition dann auch Eitel wäre, aber bei mir ist es eher durchs Selbstbewusstsein begründet. Ich habe schon manchmal Angst, dass ich anderen nicht gefallen könnte. Aber bei mir äußert es sich nicht in diesem "Hach, ich bin so schön, betet mich alle an! Nur mein Äußeres zählt und ich muss immer perfekt aussehen!"-Gehabe, sondern eher darin, dass ich nicht "unangenehm" auffallen will.

[Silberfischchen]

Ich glaub, dass die Übergänge da ganz fließend sind und viele Eitle selbst dauernd schwanken zwischen Selbstverliebtheit und Selbstzweifel. Ich bin großartig, bin ich großartig? Sag mir, ich bin großartig, aber glaub nicht, dass ich es Dir glaube.... *schauder*

[lisachen]

Dann bin ich nicht eitel Sowas wie Selbstverliebtheit findet man bei mir z.B. gar nicht und ich bitte andere auch nicht um Bestätigung. Das spielt sich alles nur in meinem Köpfchen und (hoffentlich) nicht in meinem Auftreten ab.

Mich nerven solche selbstverliebten Menschen auch. Das härteste, was mir dazu einfällt war der Kommentar eines sehr, sehr, sehr eitlen Typens (immer Kämmchen dabei, falls mal ein Härchen aus der Reihe tanzt, gezupfte Brauen, Stopp vor jedem Spiegel usw.): "Also es gibt so Menschen, mit denen gebe ich mich schon aus optischen Gründen nicht ab. Da will ich nicht mit gesehen werden!"

[Silberfischchen]

Meine ehemalige beste Freundin.....
wollte ihrem Freud einen erotischen Kalender schenken. Mit sich. Lässt also einen anderen Freund über 400 Fotos in verschiedenen Klamotten, Posen, Hintergründen.... machen (der arme Kerl Single, Jungfrau.... ). Dann war sie so begeistert von sich, dass es kein Monatskalender, sondern ein Wochenkalender werden musste. Mit 52 Blättern plus Deckblatt.... Ich musste ihr dann die Bildbearbeitung machen, Fussel, Falten, Speck, Augenringe weg, Cellulite weg, Abdrücke vom BH weg, den Po ein bisschen runder, Farbe, Kontrast optimieren, tolle Grafiken für die Monate und Zahlen.... (hat mir auch Spaß gemacht, ich zaubere ja gern bissle rum, solang es deutlich als Zauberei gekennzeichnet ist)

Dann hat sie das Ding auf Fotopapier abziehen lassen.... 2x. Einmal für ihn, einmal für .....sich..... und es ihm voller Stolz überreicht und mich eingeschworen, dass ich auf keinen Fall erzählen darf, dass ich die ganze Grafik gemacht hab. Retuschiert war natürlich nix aber die Grafik und so, das hatte sie "von mir gelernt". Klar, das Photoshopwissen, was ich in 4 Wochen Vollzeitlehrgang gelernt hab, hat sich sich in ein paar Tagen angeeignet. Und keine Zweifel dran gehabt, dass das vielleicht unglaubwürdig sein könnte...

Das Ding stand noch weit über die Trennung von diesem Freund hinaus auf ihrem Schreibtisch.

DAS ist für mich eitel. (Und entsprang übrigens genau der o.g. Mischung aus Selbstzweifel und Selbstverliebtheit)