Habe bei der Suche nach Weinkeltern und Keltermethoden was interessantes gefunden ---
Herstellung der Alepposeife und Nabulsiseife vor 100 Jahren
Gustaf Dalman war von 1902 bis 1917 der erste Direktor des Deutschen Eangelischen Instituts in Jerusalem, es ist heute dem Deutschen Archäologischen Institut untergeordnet. In seiner Zeit in Jerusalem hat er die Lebensweise und Technologie vor Ort dokumentiert, und als Theologe immer wieder mit den alttestamentlichen Texten verglichen. Deshalb findet man in seinem Werk über "Arbeit und Sitte in Palästina" Referenzen auf biblische, aber auch griechische, spätere jüdische und römische Texte.
Hier der Abschnitt über die Seifenherstellung in Aleppo und Nablus, dabei habe ich viele der arabischen Fachbegriffe weggelassen, weil seine Lautschrift nicht in ASCII-Code umsetzbar ist. Der Originaltext mit den Begriffen und Abbildungen ist als pdf hier
zu finden:
Gustaf Dalman, Arbeit und Sitte in Palästina. Band IV: Brot, Öl und Wein (1935), S. 273-277:
d) Die Verwendung des Öls für Seife.
Sehr wichtig ist in Palästina, daß ein großer Teil des produzierten Öls in der Seifensiederei verwandt wird, die ich 1900 in Aleppo und Nablus beobachtete.[8) S. auch Bauer, Volksleben, S. 91f.]
Statt der importierten Pottasche, welche seit langem einheimisches Produkt verdrängt hat, wurde einst dabei die Asche von Kalipflanzen benutzt, welche besonders Beduinen im Ostlande herstellten. In Aleppo nannte man mir als dafür benutzte Pflanzen
isnan und
harmil, wovon das erste das bessere sei, in Nablus sprach man von
osb el-kili oder
sil, bei Jerusalem von
to'm [1. Crowfoot-Baldensperger, S. 68]. Mesembryanthemum kommt in verschiedenen Arten für
isnan und
to'm in Frage. Da Salicornia-Arten nach Post
rassul oder
kali heißen und mir eine Salsola-Art ebenfalls
rassul genannt wurde, möchte man annehmen, daß sie ebenfalls als Waschmittel (vgl.
rasal" waschen") gelten. [2. Über die Seifenpflanzen des Orients B. Löw, Flora I, S. 637 ff]. Ein Haufen solcher Kalipflanzen wird von den Beduinen verbrannt und mit Erde bedeckt, wobei der Pflanzensaft in eine Grube abläuft und da in zwei Tagen zu einer festen Masse wird, so in der Wüste von
tudmur (Palmyra), von wo man dann diese Masse in großen Stücken als
hagar sabbar,
rudraf, in kleinerer Form als
firglus und in kleinster Form als
hall nach Aleppo bringt. Alkalische Pflanzenasche dürfte als Waschmittel auch früher im Gebrauch gewesen sein, wofür die Bezeichnung gewisser Pflanzen als
rassul spricht. Jetzt kennt man als Ersatz für Seife Holzaschenwasser (
moj safwe oder nur
safwe) in Aleppo und Merg 'Ajun bei Städtern, Bauern und Beduinen.
Die von den Beduinen gebrachte Pflanzenasche zermahlt der Seifensieder in Aleppo auf einer der Grützmühle (Bd.III, S. 249 ff.) ähnlichen Mühle mit schrägstehendem Stein. In Nablus hatte man dafür einen großen Steinmörser, in welchem man das "syrische Kali" mit einem Holzhammer zerschlug. Dann folgte ein Sieben im
rurbel-Sieb und Mischung mit gelöschtem Kalk und Wasser unter Rühren mit einer Hacke, worauf man diese Masse in Tröge füllte. Die Seifensiederei [3. Abbildung 79] hat dazu eine große viereckige Vertiefung, auf deren drei Seiten sich je zwei oder drei viereckige Tröge für die Kalimasse (s.o.) befinden, vor welchen tieferliegende schmale Becken die aus den Trögen abfließende Flüssigkeit aufnehmen. In Aleppo waren sämtliche Tröge mit einer ringsherum laufenden Rinne verbunden, durch welche Wasser in sie eingelassen werden konnte. In Nablus wurde das Wasser aus einem Becken an der Ecke der viereckigen Vertiefung geschöpft und in die Tröge gegossen. An der vierten Seite des vertieften Platzes, zu dem man auf Stufen hinabsteigen kann, befand sich in Aleppo ein rundes Becken mit einem runden Trog in der Mitte, in den ein kupferner Kessel eingelassen ist, der mit Oliventrestern von unten geheizt wird. Das ganze Becken hat einen Ablauf nach dem vertieften Platz, wo ein schmaler Trog die ablaufende Flüssigkeit aufnimmt. In Nablus war das Becken selbst als Kessel behandelt und mit einem nach der Mitte sich senkenden metallenen Boden versehen; auch hier fehlte nicht die Ablaufsrinne zu einem Trog.
Die rötliche Flüssigkeit, welche von der in die Tröge gefüllten Kalimasse in die Becken abläuft, wird immer wieder in die Tröge geschüttet, bis sie farblos abfließt. In Nablus war der weitere Vorgang der, daß im "Kessel" Öl mit etwas Kaliwasser gesotten wird, worauf immer neue Mengen Kaliwasser zugeschüttet und mit der langen Rührschaufel eingerührt werden. Etwa sieben Tage dauert das Sieden, wobei täglich etwas Wasser abgelassen und neues Kaliwasser aufgeschleudert wird. Endlich wird die ölige Masse in großen Holzgefäßen auf der Schulter nach dem luftigen Ausbreiteplatz getragen, dort auf den gekalkten Boden geschüttet und glatt gestrichen. Dazu dient ein ovales Brett mit Griff; ein eiserner Stab mit Haken am Ende und Holzgriff für die Hand stellt fest, ob die Lage gleichmäßig dick geworden ist. Mit einem zweiten Eisenstab, dessen Haken geschärft ist, wird die Lage in Stücke geschnitten, worauf man die Stücke aufschichtet, sie womöglich zwei oder drei Jahre trocknen läßt und sie dann als Seife (
sabun) verkauft. Einige Stücke werden zu Geschenkzwecken rund geschnitten und auf beiden Seiten gestempelt. Ein mir gehöriges Exemplar zeigt auf einer Seite ein Tor mit Halbmond darüber, Zypresse und Zweig zur Seite, auf der andern Seite einen Kuppelbau, an dem Lampen hängen. [1) Abbildung 80].
In Aleppo unterschied man bei der Herstellung der Seife 1.
tasrit als das mit Handeimern ausgeführte Gießen des im Kessel mit Wasser gekochten Öls in die Tröge mit der Kalimasse, 2.
taki als das mit Umlegen des Eimers ausgeführte Zurückgießen des aus den Trögen unten ablaufenden Wassers in das runde Becken mit dem Kessel, was an drei Tagen mit Nachfüllen von Wasser dreimal wiederholt wird, 3.
rass als das an zwei bis drei weiteren Tagen ausgeführte Schleudern des Eimers im Schwung mit Benutzung eines langen Stabes mit Brettchen. Schließlich wird das Wasser abgelassen und der in den Kalimassetrögen vorhandene Rest als
habse in das Kesselbecken gefüllt und da sieben Stunden gekocht. Wenn nach weiteren zwölf Stunden das Wasser sich gesetzt hat, läßt man es ablaufen und bewahrt es als
fahle für den nächsten Sud. Der dicke Brei wird dann abgeschöpft und durch eine Öffnung in der Decke nach dem Trockenraum hinaufgezogen, der mit nach den Seiten offenen Giebeldächern bedeckt ist, so daß freier Luftdurchzug stattfindet. Auf dem mit Kreidekalk bedeckten Boden breitet man die Masse platt aus und schneidet sie nach einigen Stunden mit dem Schneidewerkzeug, einem mit etwa sechs scharfen Metallstücken besetzten Querholz mit langem Griff. Die Stücke setzt man in luftige Stöße, in denen sie nach vier Monaten trocken werden, aber besser noch länger stehen.
Für einen Sud (
tabba) berechnete man in Aleppo als notwendig 12,36
kontar [1. Ein
kontar beträgt in Nordpalästina 256 kg, in Südpalästina 288 kg] Öl, 5-10
kontar Kali, 3
kontar Kalk.
Zusatz von Lorbeeröl (
zet rar) gibt Lorbeerseife (
sabun brar).
Der Seifensieder kennt Mittel, die Seife leicht oder schwer, gelb oder grün zu machen. Dunkles Öl ergibt grüne Seife.
Nach Jaussen [3. Naplouse, S. 288 ff] werden in Nablus 5000 kg Öl im Kessel gekocht, 50 kg Soda in 60 kg Wasser aufgelöst und sechs Tage hindurch in das Öl geschüttet. Das Öl wird dazu für 6 Piaster pro Kilo, das Kali zu etwa 2/3 Piaster pro Kilo erworben.
Im Altertum.
Das biblische Palästina kannte die Seife nicht, die erst im zweiten nachchristlichen Jahrhundert als germanische und gallische Erfindung nach Italien kam und sich von da aus nur langsam verbreitete [1. Blümner, Technologie I, S. 174, Neuburger, Technik des Altertums, S. 119]. Mineralisches Alkali (
neter) wurde nach Jerem. 2,22, vegetabilisches Alkali (
bor, borit) nach Jerem. 2,22, Mal. 3, 2, Hi. 9, 30 als Reinigungsmittel beim Waschen von Stoffen verwendet. Erst später wird einmal
saphun, vgl. arab.
sabun "Seife", als Mittel zur Entfernung von Flecken erwähnt. [2. Tos. Nidd. VIII 11, b. Nidd. 62 b, Bab. k.93 b , vgl. Kraufs, Talm. Arch. I, S. 155. 578],
Als gewöhnliche Reinigungsmittel galten für das jüdische Recht
neter, borit, kimonja, aslag. [3. Schabb. IX 5, Nidd. IX 6 (Cod. Kaufm.), vgl. Tos. Nidd. VIII 10 (wonach
neter das alexandrinische
neter,
borit =
kimilja), b. Nidd. 62a.] Maimonides erklärt sie als arab.
tifl, rasul, milh al-kali, sabun.
Neter ist ihm also eine Erdart,
borit eine Pflanze,
kimonja Kalisalz,
aslag Seife. Aber
kimonja (= griech. kimolia) ist eine alkalihaltige Tonerde,
aslag nicht Seife, sondern Saponaria officinalis, arab.
'aslag, wie auch
rassul als Bezeichnung mehrerer alkalischer Pflanzen bekannt ist (S. 274).
In jedem Fall ist die lösende Kraft des Alkali seit langem bekannt gewesen, und nur seine Verbindung mit Öl hat gefehlt.
Soweit der Text. Abbildungen sind im oben verlinkten pdf zu finden. Ein Bericht von 2010 über die Seifenherstellung in Aleppo ist hier zu lesen, hier ein Bericht vom BBC vom letzten Jahr über den Krieg in Syrien und seine Auswirkung auf die Seifenherstellung in Aleppo. Vor etwa einem Jahr hat das Tagesschau-Studio in Tel Aviv einen Seifenhersteller in Nablus besucht, siehe blog hier.