Rosalii hat geschrieben:Nikotinpflaster, -kaugummis, -lutschtabletten usw. haben nur ganz am Anfang kurz geholfen, wobei ich glaube, dass der Körper gegen diese Sachen auch irgendwann immun wird.
Das würde ich nach meiner Erfahrung so überhaupt nicht sagen. Dazu müssen wir uns angucken, wei die Zigarettensucht überhaupt funktioniert. Forscher haben Untersuchungen an Rauchern durchgeführt, denen sie Bilder von Gesichtern gezeigt haben, die Schrecken, Schmerzen, Panik ausdrücken. Normalerweise sollte das Gehirn/der Körper eines Menschen auf diese Bilder selbst mit Angstsymptomen reagieren. Bei Rauchern, deren letzte Zigaretten schon einige Stunden zurücklag, ist diese Angstreaktion aber stark herabgesetzt gewesen. (Bei anderen Suchtmitteln ist das anscheinend ganz anders, keine Ahnung.)
Wer kennt das auch nicht, wenn man auf "Entzug" ist, denkt man "komm, scheiß drauf, eine einzige Zigarette" und noch während des Rauchens manchmal schon "verdammt, was tust du hier???", weil unter dem Einfluss des Rauches die Angstreaktionen des Körpers plötzlich wieder normal funktionieren. Nur was in der Zigarette löst das eigentlich aus? Forscher haben herausgefunden, dass das Nikotin alleine, diese Wirkung niemals hat. Erst im Zusammenhang mit der
Verbrennung von Tabak entsteht diese Art des Verlangens. (Es ist bekannt, dass bei der Verbrennung unter anderem auch MAO-Hemmer entstehen, die auch antidepressive Wirkung haben zum Beispiel. Aber die genaue Ursache ist nicht bekannt.) Was bedeutet das? Wenn diese Präparate wie Pflaster und Kaugummis nicht mehr helfen, dann liegt das eher daran, dass einem die zusätzlichen suchtverstärkenden Stoffe fehlen, als an Gewöhnung. Ein weiterer Faktor ist das Kolenmonoxid, das wie wir alle wissen, den Körper in einen leichten benebelten Zustand versetzt, die wattegefüllte Glocke um einen rum. Manchen Rauchern fehlt dieser Zustand am Anfang der Entwöhnung massiv (mir zum Beispiel

).
Ein zweiter Aspekt der Tabaksucht ist die ungewöhnliche Tatsache, dass - im Gegensatz zu anderen Drogen, bei denen der Entzug des Körpers unabhängig von der Situation nach der selben Zeit einsetzt - die Tabaksucht "situationsgebunden" ist. Also in Situationen, wo wir in der Regel rauchen (morgens, nach einem Telefonat, vor einer Prüfung...) spüren wir den Suchtdruck wesentlich stärker als in Situationen, wo wir es nicht gewohnt sind zu rauchen (auf langen Bahnfahrten, im Bus, in der Uni...). Das ist sogar unabhängig davon, wieviel Zeit seit der letzten Zigarette vergangen ist also unabhängig vom aktuellen Nikotinspiegel. Wenn die Situation eine Zigarette "verlangt", dann wollen wir ein. Egal, ob wir gerade ausgemacht haben. Da spielen die gewohnte Handlung und die beruhigende Wirkung Hand in Hand mit der herabgesetzten Angst, die in Stresssituationen vielleicht noch weniger spürbar ist oder einfach ignoriert wird.
Das bedeutet auch, dass bereits nach Wochen oder Monaten Abstinenz sich die "Sucht" wieder plötzlich und unerwartet zurückmelden kann, obwohl man eigentlich von der Logik her läääängst über den Berg sein sollte. Da kommt eine Situation, die man lange nicht gehabt hat, und zu der früher immer die Kippe gehörte, und schwupps, kann man plötzlich nicht mehr anders. Das ist tückisch.
Soviel zu den Suchtprozessen. Nochmal zum Nikotin: Meine eigene Erfahrung zeigt (sowie die Erfahrungsberichte vieler anderer, aber es gibt auch Gegenbeispiele), dass die benötigte Nikotinmenge drastisch sinkt, sobald der Entzug von den Kippen durchgestanden ist. Das merkt man daran, dass man einfach weniger
braucht. Das geht völlig konträr zu anderen Suchtmitteln und auch zur Zigarette, wo sich die konsumierte Menge unwillkürlich über die Zeit steigert, weil man immer
mehr braucht. Beim Nikotin zeigt die Erfahrung überwältigend vieler Dampfer, mit denen ich Kontakt habe, dass sie über die Zeit unwillkürlich immer
weniger brauchen.
So, jenuch jelabat. Das hilft nicht gegen die Symptome des Entzugs, aber es hilft manchmal massiv, die Prozesse zu verstehen, damit man seinen Körper besser einschätzen kann.