Hi,
ich muss mich leider kurz fassen.
Punkt 1.
Trockenes Haar behält einen minimalen Feuchtigkeitsgehalt von ca 7%.
Der Feuchtigkeitsgehalt des Haars ist abhängig von der Umgebungsfeuchte: Bei 0 RH, also 0% rel. Luftfeuchte (Wüstenklima) sind es 7%. Mit steigender Luftfeuchte nimmt das Haar mehr Feuchtigkeit auf. Bei 100 RH bis zu 33%.
Öle sind nicht besonders okklusiv. Ein Austausch von Feuchtigkeit findet in Abhängikeit von der Umgebungsfeuchte sowohl heraus als auch hinein auch mit einer Ölschicht zu jeder Zeit statt, allerdings etwas verlangsamt. Etwas okklusiver als Pflanzenöle sind übrigens Lipide wie beispielsweise Squalan, welches im Sebum zu finden ist oder auch Vaseline.
Punkt 2.
Es geht hier um den oben genannten Zusammenhang, dass der Feuchtigkeitsgehalt des Haars von der Raumluftfeuchte abhängig ist. Das bedeutet, dass, wenn man das Haar befeuchtet oder gar nass macht, sich der Feuchtigkeitsgehalt des Haares dem der Umgebung letztendlich wieder angleicht.
Das Haar an sich bindet auch enorm viel Wasser, genauer gesagt, die Haarproteine sind wie ein Schwamm, der Wasser an sich bindet. Das tun auch viele andere Stoffe in der Haarkosmetik... sehr viele - logischerweise auch von außen zugeführte Proteine* bzw auch freie Aminosäuren* etc..
*Einer der Gründe weshalb ich mit dem "Wet assessment test" auf Kriegsfuß stehe.

Aber auch bei Feuchtigkeitsbindern kann die Wasserbindefähigkeit nur bei bestimmten Raumluftfeuchten funktionieren.
Meiner Meinung nach sind Feuchthaltemittel nicht essentiell für die Haarpflege, es sei denn man möchte eine bestimmte kosmetische Wirkung erzielen.
Punkt 3.
Zugegeben finde ich es so auch immer etwas unglücklich ausgedrückt.
Ich schätze, dass diese Aussage auch sehr unterschiedlich aufgefasst wird.
Ich würde damit jedenfalls zum Ausdruck bringen, dass das Gefühl durchfeuchteter und gepflegter Haare eigentlich nur auf eine glatte Haaroberfläche zurückzuführen ist, die man mit einem Filmbild wie einem Ölfilm, alternativ auch mit sog. Hydrofilmen oder anderen Polymeren erreicht. Allerdings ist dieses Empfinden nicht auf den Feuchtigkeitsgehalt des Haars zurückzuführen, der ohnehin je nach Umgebungsfeuchte schwankend ist.
Dieser kleine Artikel ist sehr interessant, der das erläutert:
http://www.cosmeticsandtoiletries.com/t ... 71251.html sowie
http://www.cosmeticsandtoiletries.com/r ... 76615.html "Water Content and Moisturization" oder in Chemical and Physical Behavior of Human Hair, 5 Edt., Springer, 2012, S. 643 f.
Man kann dies auch anhand von eigenen Beobachtungen oder Beobachtungen im Forum bestätigen:
An feuchten Tagen - welche diesen Sommer leider häufig vorkamen - waren meine Haare störrischer als sonst. Mit Aloe Vera komme ich aus ähnlichen Gründen auch nicht wirklich klar.
Blondierte Haare fühlen sich trockener und störrischer an, obwohl deren Wasseraufnahme erhöht ist.
Feuchthaltemittel werden eigentlich auch dazu verwendet, um mehr Volumen in die Haare zu bringen, da eine erhöhte Wasseraufnahme zu einer Quellung und zu einem Abheben der Schuppenschicht führt. Vergleicht dazu die Inhaltststoffe einiger Volumenshampoos: Häufig sehr viele sog. Feuchthaltemittel!
Meinem Empfinden nach fühlt sich eine glatte Oberfläche kühl an (mit Kühle wird auch Feuchte assoziiert). Auch im Alltag fühlen sich glatte Oberflächen kühl an, im Vergleich zu rauhen oder flauschigen Oberflächen.
Demnach kann man sich die Frage stellen, welchen Stellenwert man Feuchtigkeit und Feuchthaltemitteln bemessen sollte.
Dass eine Emulsion besser ins Haar eindringen soll, wäre mit neu.
Eine gleichmäßigere Benetzung der Haaroberfläche durch ein Öl in Kombination mit Wasser kann ich mir aber durchaus vorstellen.
erdbeersause hat geschrieben:Nährwerte des Öls können somit auch verwerten werden.
Was meinst du genau mit "verwerten" und "Nährwert"?
Allerdings habe ich ein höchst interessantes Paper gefunden, das eine synergetische Wirkung von Öl mit Wasser beschreibt, um bestimmte mikrostrukturelle Defekte des Haars vorübergehend auszubessern. Bei diesen strukturellen Defekten handelt es sich um Hohlräume (cavities) und Risse (Gaps), die hauptsächlich durch thermischen und mechanischen Stress entstehen, aber auch in "virgin hair" vorkommen können.
Dieser Artikel wird für die Leute interessant sein, die ein besseres Ergebnis mit Öl auf feuchtem Haar erreichen.
http://journal.scconline.org/pdf/cc2009 ... p00095.pdf
The effects of lipid penetration and removal from subsurface microcavities and cracks at the human cuticle sheath - J Cosmet Sci., 2009 Mar-Apr;60(2):85-95.
Man beachte jedoch, dass die Penetration des Öls (in diesem Falle das Wachs Jojobaöl) lediglich in der Schuppenschicht und auch nur bei strukturellen Defekten der Schuppen (Hohlräumen und Rissen) beobachtet wurde. In einem anderen Paper werden die unterschiedlichen Penetrationseigenschaften von verschiedenen Ölen wie Kokosöl, Sonnenblumenöl etc. näher beschrieben und verglichen.
Edit: Zwei Quellen hinzugefügt, die den Widerspruch zwischen tatsächlichem Feuchtigkeitsgehalt des Haars und dem subjektiven, haptischen Gefühl von Durchfeuchtung ansprechen.