
Zunächst ein Disclaimer: Ich bin auch eher eine Stümperin, was Kosmetikrühren angeht; es war wahrscheinlich eher Zufall, dass bei mir damals schon im ersten Versuch tatsächlich eine brauchbare Haarcreme entstanden ist. Also Nachrühren auf eigene Gefahr und wenn bei euch was schiefgeht, könnt ihr gern Fragen stellen, aber ich kann nix versprechen.
*
Also dann. Die Anleitung ist recht länglich, weil ich mich bemüht hab, ausführlich zu schreiben, schwer finde ich es jedoch nicht wirklich.
Erstmal ein Überblick, was ich mir alles zurechtlege:
Feinwaage, mind. auf 0,1 g genau, wenn ihr keine Riesenmenge machen wollt (wollt ihr nicht)
2-3 kleine Löffel
1 kleines Glas für die Wasserphase
1 möglichst schmales kleines Glas für die Fettphase
1 Rührgerät zum Emulgieren - ich habe für ein paar Euro so einen kleinen Milchaufschäumer gekauft
1 kleinen Schaber
1 Tube für die fertige Creme - ich habe so kleine Silikontuben
1 Topf zum Wasserkochen
Was die Gläschen angeht, ich habe erst irgendwas genommen, was ich eh da hatte, mittlerweile aber doch in kleine Bechergläser investiert, die kosten auch nicht viel und gehen wegen geringerem Gewicht besser mit der Feinwaage zusammen. Man kann sowas auch bei einer Rohstoffbestellung einfach mitbestellen.
Bevor man loslegt mit den eigentlichen Zutaten und dem Rühren sollte man sich Gedanken über Hygiene, Desinfizierung und Verkeimung machen ... Man kann mit hochprozentigem kosmetischem Alkohol desinfizieren, oder was ich der Einfachheit halber mach: Einen Topf mit Wasser aufkochen und alles außer der Waage da rein. Damit erreicht man sicher nicht die Hygienestandards der Kosmetikindustrie, aber es ist besser als nichts (viele DIY-Rezepte übergehen diesen Punkt leider ganz und das find ich dann doch eher unlecker ...) Dass man auch seine Hände gründlich wäscht und möglichst nichts unnötig antatscht, versteht sich von selbst.
Mengenangaben in g ergeben 30 g Creme
Fettphase
Flüssige Öle 10 %, 3.0 g
Sheabutter 8 %, 2.4 g
Bienenwachs 1 %, 0.3 g
Glycerinstearat SE 1 %, 0.3 g
Lysolecithin (kurz: LL) 5 %, 1.5 g
gesamt 25 %, 7.5 g
Wasserphase
Aqua dest. 64 %, 19.2 g
Glycerin 85%ig 5 %, 1.5 g
C-Kons 4 % , 1.2 g
Seidenprotein 2 %, 0.6 g
gesamt 75 %, 22.5 g
Xanthan nach Bedarf
optional: ein paar Tropfen ätherisches Öl für etwas Duft. Allerdings hat C-Kons einen Eigengeruch, den man nicht wirklich überdeckt kriegt. Ich spar mir das ÄÖ inzwischen.
Hinweise
C-Kons ist ein Konservierungsmittel von Behawe, das einfach zu verarbeiten ist; pH-unempfindlich, man verwendet laut Herstellerempfehlung eine Dosierung von 2.5-4 %. Im Spätherbst/Winter hab ich auch mal nur so 3-3.5 % genommen (entsprechend einfach mehr Wasser), wenn es wieder warm wird, würde ich allerdings wieder auf 4 % gehen. Man kann auch anders konservieren, das ist euch überlassen: Alkohol oder andere Mittelchen aus Rohstoff-Shops. Allerdings muss man bei manchen den pH-Wert der fertige Creme passend einstellen, damit sie wirken - das beinhaltet diese Anleitung nicht. (Btw Tocopherol/Vitamin E ist übrigens kein Konservierungsmittel, sondern ein Antioxidans - das ist etwas anderes!) Das Konservierungsmittel wegzulassen würde ich nicht empfehlen. Wer auch nur ein bisschen Ahnung von Mikrobiologie und exponentiellem Wachstum hat, ahnt, dass unkonservierte Cremes mitunter schon nach wenigen Tagen Keimkonzentrationen erreichen, die ich persönlich mir nirgendwo hinschmieren möchte - bis man das sieht oder riecht, ist es schon viel zu spät. Kühlschrank allein schützt nicht.
Öle: bei mir grad Macadamiaöl 7 % und Brokkolisamenöl 3 %, geht aber sicher alles, was flüssig ist und was eure Haare mögen
Sheabutter: kann man bestimmt auch gegen Kokos, Babassu, Mangobutter oder sonstwas tauschen. Hab ich nicht ausprobiert, weil es so gut für mich funktioniert
Bienenwachs: kann man auch andere Wachse probieren oder evtl. ganz weglassen und durch festes Fett ersetzen. Ich hab halt eh Bienenwachs da (ist auch super z. B. für Lippenpflegestifte), deswegen mach ich es immer mit Bienenwachs
Glycerinstearat SE und Bienenwachs sind hier Konsistenzgeber. Ich habe es stattdessen auch schon mit Cetylalkohol plus Lanolin versucht, das fand ich aber weniger gut. Ohne die zusätzlichen Konsistenzgeber (und ohne Xanthan) wird die Creme flüssiger, eher milchig, das mag ich auch nicht so gern.
Variante für die Wasserphase: Aloe Vera Gel entpektiniert 69 %, 20,7 g - statt Wasser plus Glycerin
Was noch auf meiner Liste zum Ausprobieren steht, ist D-Panthenol, zusätzlich zu oder statt Glycerin bzw. Aloe Vera.
Viel hilft nicht immer viel: eine Variante mit 3 % Seidenprotein fand ich schlechter. Kann man aber sicher am besten durch ausprobieren rausfinden. Wer keine Proteine mag, könnte es auch einfach mal ganz ohne probieren. Bin gespannt auf Berichte.
Vorgehen
Desinfizieren - Entweder, wer hat, mit Alkohol, oder wie schon erwähnt auf die primitive Art:
Alle Gerätschaften außer der Feinwaage in einen Topf mit Wasser schmeißen, zum Kochen bringen und eine Weile sprudelnd kochen lassen (meine Geduld riecht meist für gut 10 min). Am besten schmeißt man gleich noch eine Spaghettizange mit rein, die kann man dann benutzen, um die kochend heißen Gerätschaften wieder rauszufischen, ohne sich die Finger zu verbrühen.
Zeitgleich füllt man Pi mal Daumen 4x so viel Wasser, wie man eigentlich braucht, in einen zweiten Topf und lässt auch das ein paar Minuten kochen. (Auch destilliertes Wasser ist nicht keimfrei) 4x mal so viel, weil das bei den Winzmengen gern schon verdampft ist, ehe man zum zweiten Mal hinschaut.
Alle Zutaten für die Fettphase außer dem Lysolecithin im Wasserbad schmelzen - wer seine Gerätschaften im kochenden Wasser desinfiziert hat, hat das heiße Wasser praktischerweise ja eh schon rumstehen.
Während die Fette und das Wachs noch schmelzen, dann man schon mal mit der Wasserphase anfangen. Das geht auch einfach: abwiegen und vermischen.
Dann das LL zur Fettphase geben. Das sollte nicht lange über 70°C erhitzt werden, hab ich mal irgendwo gelesen, deswegen gebe ich es erst jetzt dazu. Den Milchaufschäumer in das Gläschen mit der warmen Fettphase halten, einschalten und die Wasserphase dazugießen. Den Schaber benutzen, um die Reste der Wasserphase aus dem Glas zu locken. Das ganze sollte jetzt eine recht flüssige, dank LL hellgelbe Emulsion werden. Am besten ein paar Minuten oder so rühren.
Um die richtige Konsistenz einzustellen, stäub ich dann noch löffelspitzenweise Xanthan auf die Emulsion und rühre fleißig mit dem Milchaufschäumer, damit es nicht klumpt (Klumpen bilden kann Xanthan leider sehr gut). Das ist der Schritt, den ich am schlechtesten beschreiben kann. Nicht mal meine Feinwaage ist in der Lage, den Xanthanstaub abzuwiegen, auch wenn ich das Gefühl habt, dass es mehr als 0,01 g sind ...
Man rührt solange, bis die Mischung auf Zimmertemperatur abgekühlt ist und die Konsistenz cremig wirkt. Evtl. dickt die Creme noch etwas nach, wenn man sie kalt stellt, aber meiner Erfahrung nach nicht so sehr. Deswegen schau ich schon, dass die Konsistenz mir ungefähr taugt, wenn ich aufhör zu rühren. Dann kann man jetzt auch noch ein paar Tropfen ätherisches Öl dazugeben (ich hab 6 Tropfen ÄÖ Zitrone auf 30 g Creme genommen, ehe ich das mit dem ÄÖ aufgegeben habe) und nochmal kurz rühren. Zuletzt die Creme in die Tube füllen. Am besten notiert man sich noch irgendwie das Herstellungsdatum der Creme, damit man, wenn man die Tube oder den Tiegel dann verlegt und ein halbes Jahr später aus irgendeinem Badezimmerschrank wieder hervorkramt, einen Anhaltspunkt hat, ob man noch eine Anwendung riskieren kann oder sie lieber gleich wegschmeißt.
Ich versuche, meine Creme innerhalb von max. 3 Monaten aufzubrauchen.
Dosierung, Anwendung: Wenn meine Haare nach der Haarwäsche zu trocken geworden sind, dann 1 Erbse jeden Abend zwischen den Handflächen verrieben in die Längen und Spitzen einstreichen. Wenn die Haare nicht so trocken sind, reicht auch alle 2-3 Tage. Als Leave-In nach der Haarwäsche im klatschnassen Haar funktioniert es bei mir auch gut, bei gleicher Dosierung.
*
Falls jemand es ausprobiert, würde ich mich über Erfahrungsberichte freuen!