Hallo, Moni,
na, dann muß es vielleicht an der sehr ländlichen Gegend gelegen haben, denn meine Eltern waren diesbezüglich nicht strenger als alle anderen Eltern. Kann mich noch dran erinnern, als ich 12 war, hat eine aus der nächsthöheren Klasse sich für Fasching ganz oben auf dem Kopf ein paar "Stacheln" geschnitten, die so hochstanden. Wir waren ALLE schockiert und haben uns gefragt, wie um Himmels Willen sie denn nach den Faschingstagen wieder "normal" aussehen will. (Antwort: Ging nicht, dauerte entsprechend ein paar Wochen, bis die Stacheln wieder lang genug waren, um sich in den Stufenschnitt à la Suzi Quatro, den sie trug, zu integrieren.) Zweites Beispiel, nur zwei oder drei Jahre später: Ein 16jähriger aus dem Nachbarort hat um einen Kasten Bier gewettet, daß er sich eine Glatze schneiden läßt. Sein Anblick hat gereicht, um drei Gymnasien in der 45.000-Einwohner-Kleinstadt für Wochen mit Gesprächsstoff zu versorgen! Ich muß vielleicht noch dazusagen, daß eine gängige Verkleidung an Fasching war, "ich geh als Hippie". Das bedeutete, daß man Klamotten(zusammenstellungen) trug, mit denen man unterjährig nicht auf die Straße gegangen wäre. Also Herrenhemd, Schiebermütze, Hochwasserhose, Ringelstrümpfe, Hosenträger und dergleichen - Dinge, die nur wenige Jahre später (und etwas geschmackvoller kombiniert) schon absolut alltagstauglich waren.
...und wenn in diesem Umfeld ein Mädchen schockrote Hennahaare gehabt hätte, geschweige denn unnatürliche Farben wie blau oder grün - nee, also wirklich! Ich sags ja, das hätte nicht nur die Eltern schockiert, sondern auch uns Junge. Wir wollten ja damals alle noch "schön" sein und gut aussehen; es ging auf die 80er zu, und man mag über die damalige Mode heute denken, was man will *hust*, aber es gab seit den 60ern mit Sicherheit kein weiteres Jahrzehnt mehr, indem es vorrangig darum ging, GUT (i. S. v. schick, gestylt etc.) auszusehen. Habe da neulich schonmal so drüber nachgedacht, bei Stichworten wie Wuscheldutt u. ä. - so ein Look wäre in den 80ern absolut unmöglich gewesen. Man verbrachte gut und gerne zwei Stunden im Bad, und wollte danach dann aber bitteschön auch so aussehen, daß jedem auf dem ersten Blick klar war, daß man gerade zwei Stunden im Bad verbracht hatte

Looks, die so aussahen wie "aus dem Bett, mit allen zehn Fingern durch die Haare und fertig" waren sowieso ziemlich verpönt - aber wenn man das schon trug, dann durfte es auch tatsächlich nicht mehr Zeit in Anspruch genommen haben als "aus dem Bett, einmal durch die Haare und fertig"

So wie später, daß fräulein zwei Stunden damit zubringt, sich so herzurichten, als wäre sie nur "aus dem Bett (usw., Ihr wißt schon...)", wäre damals unmöglich gewesen - ungefähr so, wie einen Porsche kaufen und dann hinten den Porsche-Schriftzug abmontieren

Bedenkt, es war das Jahrzehnt von Louis-Vuitton-Handtaschen und MCM-Geldbeuteln - Marke, zeige was Du hast, und so. Stundenlang vor dem Spiegel experimentieren und dann nicht danach aussehen - nee, das waren nicht die 80er...
Hach, die Mode finde ich ja teilweise wirklich greislich, aber ich merke gerade, daß ich so bissl sentimental werde bei diesem mentalen Ausflug in meine Jugend. Hoffe, ich habe Euch nicht genervt...
LG, Rapunzel