Ich wollte den Link auch gerade hier reinsetzen! Hochinteressanter Artikel. Falls er irgendwann verschwindet, hier ein paar Zitate:
Schönes Haar scheint heute weniger eine Gnade der Natur als eine Frage der richtigen Kaufentscheidung zu sein. Aber was ist wirklich drin in den Mixturen, und was ist dran an den Versprechen? Misstrauen ist angebracht. Tatsächlich sind Shampoos heute hoch entwickelte Hightechprodukte mit patentierten Wirkstoffen. Sie wirken allerdings oft nur sehr begrenzt und anders, als die Kunden sich das vorstellen oder die Werbung es verspricht.
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Schon die wohl grundlegendste Eigenschaft eines Shampoos ist für eine Überraschung gut. Es soll Schmutz und Fett entfernen und muss dafür schäumen, denken viele. Irrtum. "Schaum ist völlig unnötig", sagt Franz Wortmann, der an der University of Manchester die Struktur von Haaren und die Wirkung kosmetischer Behandlungen erforscht. "Ohne Schaum käme man mit viel weniger Shampoo aus." Die Hersteller lassen ihre Produkte nur deshalb so schön schäumen, weil viele Kunden das erwarten.
Nicht der Schaum löst Talg und Schmutzpartikel, es sind künstlich hergestellte Tenside, die das Haar reinigen. Sie wirken schonender als die bis in die sechziger Jahre verwendete Seife. Durch die Mischung verschiedener Tenside können Chemiker heute sehr genau einstellen, wie mild oder wie gründlich ein Shampoo ist. Spezialshampoos für fettiges Haar etwa enthalten weniger Pflegestoffe und sind für diese Anwendung tatsächlich besser geeignet. Sie können allerdings nicht die Talgproduktion der Kopfhaut beeinflussen, wie manche Hersteller behaupten.
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Die meisten Menschen waschen sich die Haare allerdings nicht, weil sie schmutzig oder fettig sind. Shampoos, Spülungen und Kuren sollen vielmehr "gesundes Haar" hervorbringen, sie sollen das Haar kräftiger, geschmeidiger und vor allem glänzender machen. "Der globale Trend heißt Pflege, Pflege, Pflege", sagt Henkel-Forscher Förster.
Die Haare selbst können allerdings weder gesund noch krank sein. Mediziner betrachten Haare als "Hautanhangsgebilde". Sie bestehen aus fadenförmigen, vielfach miteinander verdrehten Eiweißmolekülen, dem Keratin. Diese Stränge entstehen in den Haarfollikeln, kleinen Einstülpungen der Haut. Sie ordnen sich spindelförmig an und versteifen sich dadurch. Millionen von ihnen verkleben und bilden die Haarfasern, dazwischen sind Fette und Wasser eingelagert. Umhüllt ist jedes Haar von einer dünnen Schicht aus Hornschuppen.
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Die Haarproduktion kann durch Krankheit, Medikamente, hormonelle Veränderungen oder Mangelernährung beeinflusst werden, Haare sind daher ein Spiegel der Gesundheit. Das Geschehen in der Kopfhaut lässt sich aber kaum von außen mit einem Shampoo beeinflussen. "Dafür sind schon die Kontaktzeit und die Konzentration der Wirkstoffe zu gering", sagt der Dermatologe Trüeb. Wer unter Haarausfall leidet oder seinem vermeintlich alternden Haar eine Anti-Aging-Behandlung verpassen will, sollte sich keine großen Hoffnungen machen.
Kommt das Haar erst mal auf der Kopfhaut zum Vorschein, handelt es sich nur mehr um tote Materie. Sie braucht keine Nährstoffe oder Vitamine zum Bestehen. Und die einmal gebildete Haarstruktur wird auch von der Körpergesundheit nicht weiter beeinflusst (man kann auch nicht durch einen Schreck plötzlich ergrauen). Es sind vor allem das ständige Rubbeln, Bürsten, Föhnen und das UV-Licht, die das Haar beschädigen, außerdem Färbungen, Dauerwellen oder heiße Glätteisen. Die äußeren Schuppen reißen unter der Belastung auf, das Haar verliert die spiegelnde Oberfläche und damit den Glanz. Es ist schwieriger zu kämmen, und wer es dennoch versucht, macht den Schaden oft noch größer.
Nun schlägt die Stunde der Kosmetikindustrie. Ihre Chemiker konstruieren langkettige Kunststoffmoleküle mit positiv geladenen Atomen, die mittels elektrostatischer Kräfte an der negativ geladenen Haaroberfläche haften bleiben. Sie bilden einen schützenden und glatten Überzug. Ähnlich wirken Silikonöle, die in feinsten Tröpfchen im Shampoo oder Conditioner gelöst sind. Die Wirkung lässt sich mit Rasterelektronenmikroskopen belegen. Franz Wortmann analysiert sogar den Glanz einzelner Haare, indem er sie mit Lasterstrahlen beleuchtet und den Anteil der Reflexion vermisst.
Eine glättende Schutzschicht und ein vermehrter Glanz sind also durchaus realistische Versprechen. Weil die Kunden aber keine Silikonabdichtung für ihr Haar kaufen wollen, dienen "Ginseng-Extrakte", "Kaschmirproteine" oder "Bambusessenzen" als Lockmittel. Diese Begriffe klingen nach Gesundheit, und tatsächlich sind die entsprechenden Stoffe auch im Produkt enthalten, oft jedoch nur in winzigen Mengen. Die größere Wirkung entfalten Stoffe mit wenig glamourösen Namen wie Polyquaternium. Die Zahl der künstlichen Conditioner-Verbindungen schätzt Chemiker Wortmann auf rund 500.
Die Schutzschicht hat jedoch nur eine begrenzte Haltbarkeit, und das ist durchaus gewollt. Denn wenn mit jedem Waschen mehr hängen bliebe, würden die Haare bald schwer werden und aneinanderhaften - die Frisur würde schlapp und sähe fettig aus. Manche Silikonöle sollen sogar nur das nasse Haar kämmbar machen und verdunsten innerhalb weniger Stunden.
Wie einfach hatten es doch unsere Großmütter. "Sie haben Dreck und Talg täglich ausgebürstet, und ihre Haare waren auf diese Weise eigentlich auch gut gepflegt", sagt Wortmann. "Allerdings war die Haarmode eine andere."
Sehr interessant! Auch wenn manches ungesagt bleibt, so zB die Folgen, die übertriebenes Waschen, zu häufiges Waschen, zu scharfe Tenside für die Kopfhaut haben. Aber daß Shamposs in erster Linie reinigen und damit strapazieren, und eben nicht pflegen, das wird doch eindeutig klar.
Aus dem Absatz mit dem Schaum geht ebenfalls hervor, daß sich Verdünnen absolut lohnt - geldlich wie pflegemäßig. Und aus dem letzten Absatz, daß man silikonöl-freie Shampoos erwägen sollte - oder, meiner Meinung nach, zumindest im Wechsel anwenden sollte, wenn man nicht auf Silikone verzichten will.
Viel praktische Tips bietet der Artikel zwar nicht, aber wenn man ihn zu Ende denkt, kommt man zu Schlußfolgerungen, wie sie hier im Forum immer wieder gegeben werden.
Ich würde sagen, besonders für viele Notfallecken-Anfragen findet man in diesem Artikel klare Antworten. Und: wer der Werbung glaubt, ist wohl wirklich angeschmiert....