Also, ich muss schon den Kopf schütteln darüber, wie hier Epochen durcheinandergeraten und wie viel Hörensagen hier als historische Fakten präsentiert wird.
1. Madame Bovary ist. wie bereits erwähnt, eine Romanfigur. Aus einer viel späteren Epoche obendrein.
2. Zu Madame Dubarys Zeiten war Pudern längst nichts neues mehr. Damit hätte sie es garantiert nicht einführen können. Außerdem - warum sollte man graue Haare unter grauem Puder verstecken? Damit sähe man als allererste, gepuderte Trendsetterin immer noch aus wie die einzige junge Frau mit grauen Haaren.
3. Es ist viel wahrscheinlicher, dass Puder eingeführt wurde, um a) eine gewisste Alterslosigkeit auszudrücken, da jung und alt es trugen, und b) weil immer mehr Frauen ihre Frisuren durch Haarteile erweiterten. Da diese aus Menschenhaar, oder billiger, Tierhaar, sein konnten, passte die Farbe oft nicht haargenau (sorry für das Wortspiel) zum Farbton der Trägerin. Einheitliches Überpudern in einem dritten Farbton vereinfachte das. Es gab nicht nur weiß oder grau, sondern auch leicht gelb- und rosastichige Puder.
4. Nicht jeder puderte sich. Frauen mit langen, dichten Haaren, brauchten das nicht unbedingt. Man sieht sehr viele Potraits aus der Zeit, insbes. Großbritannien, auf denen die Naturfarbe sichbar ist. So schön wie hier:
http://www.flickr.com/photos/12946229@N05/1424216349/
5. "Das Halsband der Königin" spielt eine Generation nach der angestrebten Zeit und hat damit so viel mit 1750er-Frisuren zu tun wie unsere heutigen mit den blondierten Dauerwellen der 80er.
Die Frisuren aus den 1780ern sind keine VokuHilas, sondern nur vorne stark gekräuselt und hängen hinten glatt herunter. Wäre alles unbehandelt, wären sie überall in etwa gleich lang. Auf Bildern in alten Modemagazinen wurde die hintere Partie oft gedoppelt und hängt bis zur Schulter, geht von da aber einer Schlaufe gleich wieder zurück an den Hinterkopf, wo die Spitzen mit einem Kamm am Hinterkopf befestigt wurden.
6. Frühbarocke Fontangen passen genauso wenig zum gewählten Kleid wie die späten Türme aus den Karikaturen der 1770er. Zu Zeiten Madme de Pompadours, um die Jahrhundertmitte also, waren sehr schlichte Frisuren mit Seitenlöckchen angesagt. Insbesondere ein schlichter, hochgesteckter Zopf war üblich.
Siehe hier:
http://www.flickr.com/photos/weinglasarien/3264559394/
http://www.flickr.com/photos/weinglasar ... otostream/
http://www.flickr.com/photos/weinglasarien/3264559172/
Und insbesondere hier, wenn man genau auf das Spiegelbild guckt:
http://www.marquise.de/en/1700/pics/1756_1.shtml
Ganz viele Infos zum Thema gibt es hier:
http://www.marquise.de/de/1700/howto/fr ... uren.shtml
Sorry, Philomela - ich weiß, die Seite kanntest du schon und deine Posts zeigen, dass du dich in der Epoche auch ohne meine Hilfe perfekt zurechtgefunden hast und gut beurteilen kannst, was zu früh und was zu spät ist.
Aber ich werd unruhig, wenn jemand histoirsche Halbwahrheiten ohne Beleg verbreitet und es nicht berichtigt wird - das wäre so eine Art Bild-Zeitungs-Effekt. Deswegen wollte ich es nochmal klar stellen.
Ich hoffe trotzdem, dass meine drei, vier Bildchen dir helfen. So ein Zopf sieht nicht spektakulär aus, aber ist dafür zuminbdest einfach zu machen und lässt sich zumindest schön mit Blumen und dergleichen dekorieren. Bei deiner Traum-Länge wirst du ihn sicher doppeln müssen, damit er nicht vorne über die Stirn runterhängt.
Generell wurde in der Epoche außer bei Abendveranstaltungen (Ball, Theater) immer eine Haube (drinnen und draußen) und nach draußen obendrein ein Hut getragen. Das heißt, zu großer Haaraufwand wäre da sowieso verborgen und schade drum.
