einsel hat geschrieben: Hat die Überfettung irgendwas mit der Schaumigkeit zu tun? Oder mit dem pH-Wert?
Die Überfettung ist eigentlich dazu da die Seife abzumildern. Die Seifenmizellen sind dann quasi schon mit Fetten gefüllt (-> beladene Mizelle) und kann nicht mehr so viel Sebumlipide aufnehmen, wirkt also weniger entfettend. Tenside (Seifen wie moderne Tenside) sind dann auch weniger reizend.
Auch bei konventionellen Produkten mit modernen Tensiden erfolgt auf diese Weise eine Abmilderung durch Zugabe von Lipiden.
Eine hohe Überfettung beeinflusst natürlich auch das Schaumverhalten. Die Fette wirken bei hohen Mengen entschäumend.
Die entschäumende Wirkung der Überfettung hängt aber vermutlich auch von der Art der Überfettung ab, also Heißverseifung vs. Kaltverseifung.
Bei der Heißverseifung werden für eine Überfettung die zusätzlichen Fette erst hinzugegeben, wenn die Lauge schon größtenteils verbraucht wurde. Es handelt sich bei dieser Art Überfettung um unveränderte Fette (=Triglyceride). Bei Kaltverseifung handelt es sich bei der angebenen prozentualen Überfettung größtenteils um teilverseifte Fette, nämlich um Diglyceride und Monoglyceride, sodass hier als Überfettung emulgierend wirkende Teilchen entstehen. Die entschäumende Wirkung der Überfettung könnte hier trotz identischer prozentualen Überfettung etwas geringer ausfallen.
Aber den weitaus größeren Einfluss auf die Schaumeigenschaften hat auf jeden Fall die Auswahl und Kombination der verseiften Fette und etwaige Zusätze.
Man muss aber hier aber unterscheiden welche Schaumeigenschaft gemeint ist: Die Leichtigkeit der Schaumbildung, die Schaumblasengröße oder die Beständigkeit des Schaums.
Kurzkettige Seifen, also solche mit relativ, kurzem fettliebenden Schwanz, bilden großblasige, üppige Schäume, die aber weniger stabil sind. Kurzkettige Fettsäuren sind die Laurinsäure (C12-> eine Kette aus 12 Kohlenstoffen) und die Myristinsäure (C14-> 14 Kohlenstoffe), die dann die Seifenteilchen Sodium Laurat und Sodium Myristat bilden.
Die als Schaumfette bezeichneten Öle sind solche mit hohem Anteil an den Fettsäuren Laurinsäure oder Myristinsäure. Zu diesen Schaumfetten gehören Kokosöl, Babassuöl und Palmkernöl, sowie die weniger bekannten Palmkernfette anderer Palmenarten wie Murumurubutter und Tucumabutter. Auch das fette Öl von Lorbeeren (->
Laurus nobilis - der Name der Laurinsäure leitet sich sogar von der Lorbeere ab) enthält relativ hohe Mengen an Laurinsäure.
Längerkettige Seifen aus den gestättigten Fettsäuren Palmitin (entsp. Seifeteilchen: Sodium Palmitat) und Stearinsäure (entsp. Seifenteilchen: Sodium Stearat) bilden zwar wenig Schaum, der aber beständiger ist. Die Schäume sind cremiger und feinporiger.
Daneben können noch weitere Zusätze die Schaumeigenschaften beeinflussen: z.B. Zucker oder Proteine.
Als Schaumverstärker wirkt ebenfalls Rizinusöl.
Salz wirkt entschäumend.
Der pH-Wert von Seifen liegt meist so zwischen pH 8 - 10. Er ist
immer alkalisch, also deutlich über pH 7.
Der hohe pH-Wert entsteht, wenn die Fettsäuresalze (= Seifen) beim Anwaschen in Wasser gelöst werden, selbst dann, wenn kein einziges NaOH-Teilchen (Natronlauge) mehr vorhanden sein sollte.
Die prozentuale Überfettung selbst hat, soweit ich weiß, keinen Einfluss darauf wo sich der pH-Wert einer fertigen Seife nun genau einpendelt; ob nun bei 8 oder 8,5 oder 9 oder 9,5.
Eventuell hat das Siedeverfahren (Heißverfahren vs. Kaltverfahren; Aussalzen) noch ein wenig Einfluss darauf (?).
Der genaue pH-Wert einer fertigen Seife wird eher durch die Wahl/ Kombination der verwendeten Öle bestimmt, da unterschiedliche Fettsäureanionen unterschiedliche Hydrolysegrade aufweisen.
Hydrolysegrad => Das Bestreben eines Seifenteilchens (=Fettsäureanions) wieder zu der entsprechenden Fettsäure zu reagieren.
Der Hydrolysegrad (Alkalität) ist aber auch etwas womit man sich eher nicht so intensiv beschäftigt.
Bedingt durch natürliche Schwankungen der Ölzusammensetzung kommt es übrigens auch hier zu unterschiedlichen Werten.
Aber als Käufer beschäftigt man sich aber sowieso nicht so sehr mit dem exakten pH-Wert einer Seife, da es wie gesagt ja ohnehin chargenabhängige Schwankungen gibt.
Was man beachten kann, ist eine mögliche Nachreifung einer frischen Seife.
Hat man nämlich eine handgesiedete Seife vor sich mit einem recht hohen pH-Wert (z.B. pH 10 oder sogar mehr) muss die Seife mit Sicherheit noch etwas nachreifen. Während dieser Lagerung reagieren noch die übrig gebliebene NaOH-Teilchen und verseifen noch ein paar Fette, indessenfolge der pH-Wert etwas sinkt (z.B. von 10 auf pH 9,5 oder so).
Da ich nicht weiß, was dich an Seifenchemie genau interessiert, habe ich einfach mal ein paar allgemeine Themen rausgesucht:
Eigentlich ein Buch über's Seifensieden: https://books.google.de/books?id=a0p_DA ... epage&q&f=
Bisschen mehr Chemie:
https://www.uni-due.de/~hc0014/S+WM/Def ... onen2.html
http://www.lg-n.de/chemie/chemiehomepage/Fette.pdf
http://www.jagemann-net.de/seifen_und_t ... enside.php
http://www.chemieunterricht-interaktiv. ... eifung.htm Die Verseifung wird mit kurzem Flash Video, das die Verseifung darstellt.
http://www.seilnacht.com/waschm/seifhers.html
http://www.chemgapedia.de/vsengine/vlu/ ... vscml.html
https://books.google.de/books?id=qLEkBA ... &q&f=false
Weitere Quellen: Chwala, August, and Robert Haller. Textilhilfsmittel: Ihre chemie, Kolloidchemie und Anwendung. Springer-Verlag, 2013.
Bergell, N. A., et al. Seifen und Seifenartige Stoffe. Springer-Verlag, 2013.
Schönfeld, Heinrich. Seifen und seifenartige Stoffe. Springer-Verlag, 2013.