Die Einäugige unter den Blinden
Moinsen.
Frisch zurück vom Dermatologen bringe ich euch auf den neusten Stand.
Also: Blutwerte findet auch sie (eine Frau und eine kompetente, so war mein Eindruck, endlich mal!) auch völlig in Ordnung so. Sie hat meine Kopfhaut untersucht, hat nach größeren Veränderungen im Lebenslauf und -wandel gefragt (Stress, Trauma, OP, Krankheit...), dann gefragt, ob ich schon Shampoos gewechselt hätte und hat mir empfohlen die Kopfhaut regelmäßig reichhaltig zu kuren (na das war doch mal was! Sonst hören die Hautarzttips idR bei "Waschen Sie nicht zu heiß." auf.) Hab ich ja alles schon gemacht, bzw mache ich.
Das Gegriesel auf der Haut, sagt sie, ist kein Pilz und kein Ekzem, dagegen solle ich wie gesagt kuren/cremen/ölen. Aloe Vera, immer drauf damit. Sehr gut. Öl dazu. Sehr gut.
Woran liegt es also? Sie hat an meinen Haaren rumgezogen (nicht garstig, nur um zu gucken, wie locker die sind), umgescheitelt, angeschaut und dann gefragt ob in meiner Familie eher lichtes Haar vorkommt.
Meine Antwort: "Ja, alle, bis auf meine Halbschwester."
Womit meine Diagnose nun quasi steht. Wobei ich auch hier positiv zur Kenntnis nehme, dass sie sagte, dass das
am Wahrscheinlichsten ist, genau wissen kann man das nicht. Ich mag das, wenn Leute mir keine hohlen Versprechen geben, sondern auch zugeben, wenn was unklar ist.
Also:
Androgenetischer Haarausfall
Ich hab erst mal die Stirn gerunzelt.
"Ich dachte das ist nur relevant, wenn man in den Wechseljahre ist? Ich bin 27, ich dachte, ich hätte noch ein bisschen."
Sie erklärte das so: in den Wechseljahren kommt das tatsächlich häufiger vor, weil da einfach viel im Hormonhaushalt umgeschmissen wird. Aber das kann man auch schon als Teenager haben, wenn man die Erbanlagen dafür hat. Der Haarausfall verläuft dann idR in Wellen, kommt und geht, unregelmäßig. Mein Pilleabsetzen kann da durchaus reinspielen, zumal ich ja zugeben muss, dass ich auch merke, dass sich da immer noch nicht alles eingependelt hat. Ich merke das am ehesten an der Haut, dass sich da noch was ändert. Und Haut und Haar sind ja schon mal sehr dicht beeinander.
"Und jetzt?"
Man kann ein östrogenhaltiges Haarwasser verwenden, um die HA-Wellen abzuflachen. Das funktioniert ausschließelich bei androgenetischem Haarausfall, sonst nicht. Wenn das also wirkt, dann steht die Diagnose zu 100%.
Ich: "Aber mein Wissen war bisher, dass wenn man das Haarwasser dann absetzt, dass dann alle Haare ausfallen, die man damit erhalten hat."
Sie: "Jein. Wenn es nur eine Welle ist, dann kann man danach wieder im Normalbereich sein, ohne zu haaren. Man verliert die Haare dann nur, wenn es eben eine dauerhafte Umstellung gewesen sein sollte."
Okay.
Hier ist es, das Wundermittel:
Was ist das? (ich kopiere aus wikipedia)
Alfatradiol: Alfatradiol ist ein Stereoisomer des weiblichen Sexualhormons 17β-Estradiol. Es ist in Deutschland als Medikament gegen androgenetischen Haarausfall bei Männern und Frauen zugelassen und insgesamt gut verträglich. Aufgrund des Anteils an 2-Propanol kann bei der Anwendung ein kurzfristiges Brennen auf der Kopfhaut entstehen.
Minoxidil: Minoxidil ist ein Derivat des Kopexil und ein Arzneistoff, der als Antihypertonikum und zur Behandlung erblich bedingten Haarausfalls (Androgenetische Alopezie) verwendet wird. (Also eigentlich was gegen Bluthochdruck)
Glycerin: kennen wir aus der Kosmetik, soll Feuchtigkeit binden/spenden. Geteilte Meinungen hier im Forum dazu. Ich komme damit gut klar.
Isopropanol: 2-Propanol kann, wie andere sekundäre Alkohole auch, mit Luftsauerstoff explosionsfähige Peroxide bilden. (Ich glaube, das ist da drin als Lösungsmittel/Trägersubstanz.)
Bis auf das Isopropanol geht das. Wobei ich mir schon denke: welcher Horst kommt denn auf die Idee ein Haarwasser mit etwas zu machen, was Peroxide bilden kann? Wobei ich jetzt nicht weiß, ob das dann zwingend Wasserstoffperoxid bildet. Aber vielleicht liegt die Betonung ja auf
Kann, muss aber nicht. Ich weiß nicht wie reaktiv das ist, dafür bin ich nicht Chemiker/Pharamzeut genug. Aber meine Freundin ist Pharamzeutin, die werde ich darauf ansetzen.
Begeistert bin ich von dem Zeug nicht. Zumal ich schon mal Haare angefasst habe, die damit behandelt wurden. *knirsch*
Und das bei meinen feinen Härchen?
Hm.
Ich werde das ausprobieren und beobachten. Vielleicht werde ich Blond?

Na, das glaube ich nicht.
Zumindest muss ich es nicht auf den ganzen Kopf auftragen. Die Hautärztin hat gesagt, dass man sehr gut sieht, dass er der Front- und Schläfenbereich ist, der Haare lässt (MAN SIEHT DAS SCHON??? Okay, keine Panik, sie ist vom Fach

), das spricht auch für androgenetischen Haarausfall.
Also muss ich auch nur vorne was draufträufeln.
Und nun?
Glücklich bin ich mit der Diagnose nicht. Aber an sich heißt das: ich bin gesund. Alles gut. Es sind eben die Gene und was soll ich daran machen? Mich totärgern? Wohl kaum.
Meine Mutter hat Babyhaare, mein Vater hatte mit 24 eine Stirn bis in den Nacken, Opis hatten Glatzen, die eine Oma hatte auch doofe Haare, nur meine eine Oma, die hatte tauseildickes Schneewittchenhaar - welches meine Schwester jetzt hat. So gesehen bin ich eben der Einäugige unter den Blinden: das hätte viel, viel schlimmer aussehen können, auf meinem Kopf. Viel.
Wie oft hab ich schon gesagt, dass es ein Jammer ist, das ich kein Kerl geworden bin: ich wäre schön groß, könnte im Stehen pinkeln, hätte keine Periode und furzen wäre ein Witz und nicht peinlich. Nee Spaß. Auf jeden Fall hätte ich wohl jetzt ne Glatze. Also ist doch alles gut.

Ich mag mich ja ganz gerne so als Mädel.
Also muss ich mir ein bisschen ausgiebiger Gedanken über Terminal Length machen, was die Haare angeht. Was okay ist. Dass ich keine Knielänge hinkriegen werde, das ist mir auch nicht erst seit heute klar - auch wenn ich das so, so schön finde. Ob der Klassiker noch drin ist, das wird sich zeigen, je nachdem, in was für Abständen diese HA-Wellen kommen und wie tief die Wellentäler werden.
Meinen Meter krieg ich noch und dann werde ich mein eines Auge

so gut pflegen wie es eben geht.
Es ist natürlich schade, dass das nun so zu sein scheint, mit den Genen, adnererseits finde ich es auch irgendwie voll entspannt grad zu sagen: So und der Meter ist dann Endstation. Das ist das Maximum, sehen wir also zu, das es auch das Optimum wird. Und wenn das Optimum Hüftlänge sein sollte, dann ist das auch okay, immer noch (fast) arschlang und länger als selbst meine Oma mit den Tauseilen ihre Haare hatte. Was will ich denn?
Genau.

Schöne Haare und fertig.
Und ich kann sie ja auch jetzt schon schön machen. Und wenn ich Bock auf mein eigenes Tauseil habe, dann mache ich eben sowas wie heute:
In diesem Sinne: eigentlich ist alles gut.

Was besseres, als dass ich gesund bin, hätte man mir ja eigentlich nicht sagen können.
P.S.: Naaaa, es ist schon gut, dass ich ein Mädel bin, so viel wie ich quassel, ich hätte als Kerl wohl keine Freunde...

Und eben ne Glatze!
PPS.: Drückt mir trotzdem die Daumen, dass die Tinktur ganz toll hilft und sich das mit dem HA dann erledigt und ich den Klassiker haben kann.