Yeah, Glöckchen! HA-Außenwellen of the world, unite!
Hihi, Kolibri, ich seh da meine Forke in deinen Haaren! Wie toll!
Ja, ich weiß eh, dass es ohne Soja auch problemlos geht, gibt ja auch einige Kochbücher (wie Cucina vegana zB). Aber ich finds trotzdem schwer, weil dann für mich einige Gruppen wegfallen auf die ich wirklich nicht verzichten will. Oder die Ersatzsachen sind umständlich zum selbermachen und/oder man braucht dafür ein halbes Weltraumequipment in der Küche (Platz und Geld, anyone?). Und dann natürlich bleib ich insgesamt irgendwie skeptisch.
Also, ich schmeiß mir jetzt natürlich nicht plötzlich kiloweise Käse, Eier und Schafjoghurt rein, nur weil ich mich jetzt (erstmal) gegen 100% vegan entschieden hab. Ich finde immer noch, dass vegan ziemlich sehr toll ist. Ich bin mir aber auch dessen bewusst, dass es für Umweltschutz, Tierschutz, globale Gerechtigkeit und wohl auch Gesundheit nicht wichtig ist, das 100% durchzuziehen, sondern eine möglichst große Annäherung genauso hilfreich und auch für die breite Masse machbar ist (ohne die breite Masse mit aufs Boot holen zu können wird sich nix ändern, das wissen wir ja). Denn ganz ohne Nutztiere zum Beispiel ist eine nachhaltige Landwirtschaft nicht möglich. Klar ginge es im Kleinen auch mit Gründüngung, aber wenn man eine große Bevölkerung ernähren muss (9 Milliarden 2050), hat man nur die Wahl zwischen Kuhscheiße und Erdöl. Und wenn man schon ein paar Viecher herumstehen hat, dann kann man sie auch ruhig melken und deren Eier verwenden. Dass das dann aber völlig andere Dimensionen sind und definitiv wieder drauf raus laufen wird, dass wir ein Mal die Woche Fleisch essen (oder auch gar keins) und 2 Eier die Woche, ein bisschen Käse und Joghurt und sehr viele pflanzliche Alternativen, das ist klar. Aber das ist ein realistisches Modell für eine Gesamtbevölkerung, und auch da sind Veganer vermutlich immer noch eher eine Randerscheinung.
Was mich bei den ganzen Ernährungsweisen immer so irritiert, ist der Idealismus und das Dogma, das sich der Wissenschaft wenn überhaupt nur zur ihren Gunsten bedient und alle Kritik oder den Rest des Gesamtbildes außen vor lässt. Ich meine damit alle "Anführer" und "Gurus" und deren Medien und ja, auch so manchen glühenden Anhänger.
Ich hab heute ein Buch ausgeliehen, vegan vollwertig genießen oder so ähnlich. Die Autorinnen schreiben, wer sich vollwertig ernährt braucht auch als Veganer kein B12 supplementieren. Diese Aussage halte ich für fahrlässige Körperverletzung, denn B12 ist wirklich ein Problem und Mangelerscheinungen irreversibel. Dann gehen sie der Frage nach, warum es manche Leute gibt, die Bauchschmerzen von der Vollwerternährung bekommen. Die Antwort ist klar: sie machen etwas falsch (zum Beispiel essen sie immer noch kleine Mengen Industriezucker - dem man ja nicht auskommt wenn man ein soziales Leben hat. Sie unterwerfen sich also nicht vollkommen der Ideologie). Dass es aber genügend Leute gibt, die mit großen Mengen an Getreide, an Vollkorngetreide, nicht klarkommen, oder überhaupt eine (unentdeckte) Glutenintoleranz haben, diesen Fakt lassen sie einfach mal dezent aus.
Und da fällt mir einfach mal dieses Muster auf:
a) Die vegane Ernährungsweise ist die gesündeste von allen. Wir haben uns in der meisten Zeit der Menschheitsgeschichte so ernährt. Wer Probleme damit hat, macht etwas falsch.
b) Die Paleo-Ernährung ist die gesündeste von allen. Wir haben uns in der meisten Zeit der Menschheitsgeschichte so ernährt. Wer Probleme damit hat, macht etwas falsch.
c) Die rohvegane Ernährung ist die gesündeste von allen. Wir haben uns in der meisten Zeit der Menschheitsgeschichte so ernährt. Wer Probleme damit hat, macht etwas falsch.
d) Die Vollwertkost ist die gesündeste von allen. Wir haben uns in der meisten Zeit der (jüngeren) Menschheitsgeschichte so ernährt. Wer Probleme damit hat, macht etwas falsch.
e) Die traditionelle Kost deiner Gegend ist die gesündeste von allen. Wir haben uns in den letzten Generationen so ernährt.
und so weiter!!!
a) Wenn man nur einen einzigen Nährstoff nicht ausreichend aus unserer Ernährung bekommen kann (in diesem Fall zumindest B12), dann ist das für mich nicht gesund. Man weiß, dass die anderen Primaten gern Insekten essen, u.a. fürs B12. Gorillas ernähren sich zwar nicht bewusst von Insekten, aber sie essen öfters einfach mal ein bisschen Erde (mit den B12-Bakterien drin) - ihr kleines Gehirn braucht außerdem deutlich weniger Protein als unseres. Veganer können generell neben dem B12 auch Probleme bekommen bei B2, B6, D, Selen, Folsäure, Jod (muss aber nicht sein) - sind übrigens auch typische Haarausfallvitamine. Das ist alles im empfohlenen veg-1 drin, ein Supplement speziell für Veganer. Je nach Disposition und Geschlecht kann man auch zu wenig Eisen und Zink bekommen, obwohl man die aufnahmehemmenden calciumreichen Milchprodukte weglässt (wobei in seeeehr vielen Alternativen Calcium zugesetzt ist...). Stephen Walsh schreibt in "Plant based nutrition and health", ein eigentlich sehr gut recherchiertes Standardwerk, dass Veganer für gewöhnlich über einem Ferritinwert von 15 sind und alles ab 30 wahrscheinlich eh nur krebsfördernd ist. Da kann ich doch nur milde lächeln und mal rüber zu den Schweizern nicken. Die holy bible der Veganer, The China Study (Zentrale Aussage: vegane Ernährung ist extrem gesund und bietet ein langes, krebsfreies Leben), ist stark gebiased und es gibt starke Kritik an der Wissenschaftlichkeit. Es gibt einige Leute, die nach einer gewissen Zeit Cholesterinmangel bekommen. Manche vegane Kleinkinder bekommen trotz bester Ernährung Gedeihprobleme.
b) Die Paleoernährung sagt, wir Menschen sind auf eine Ernährung ohne Getreide und ohne Milchprodukte geeicht. Übrig bleiben Fleisch, Eier, Gemüse, Obst. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Mensch seit der Altsteinzeit (vor 2,5 bzw. 1,2 Mio Jahren bis ca. 120.000 Jahren) bzw. Mittelsteinzeit (vor ca. 130.000 Jahren bis vor 40.000 Jahren) evolutionär nicht mehr weiterentwickelt habe und die jüngeren Entwicklungen, die neolithische Revolution vor 10.000 Jahren, wo der Ackerbau = Getreidekonsum im großen Stil begann und vor 4000 Jahren, wo die Milchwirtschaft begann noch keine Anpassung bewirkt hat. Jetzt wissen wir aber, dass die Genmutation, dank derer Milchwirtschaftskulturen Laktose bis ins hohe Alter verdauen können, innerhalb weniger Generationen passiert ist. Wieso sollen wir dann ALLE kein Getreide vertragen? (Glutenintoleranzler mal ausgenommen) Außerdem hat sich der Mensch damals von Wildtieren ernährt, deren Fleisch eine ganz andere Zusammensetzung hatten wie unsere heutigen überzüchteten Massentierhaltungsfleischmaschinen. Der hohe Fleischkonsum ist Hauptverantwortlicher für die meisten Herz-Kreislauf-Zivilisationskrankheiten und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für nicht so wenig Krebsarten. (Ob das nur am Fleisch selber liegt, oder eben auch an den ganzen Müll, der da reinkommt, weiß ich jetzt nicht). Es gibt genetisch bedingt Metabolismen, die viel Protein brauchen und welche, die viele Kohlenhydrate brauchen. Deswegen fühlen sich viele Leute müde mit dieser Ernährung, weil ihr Körper nicht auf low-carb eingerichtet ist.
c) Die Menschheit hat sich vor allem in Zeiten, wo unser Gehirn gewachsen ist, gar nicht so wenig von Fleisch ernährt - sonst hätte sie ja gar nicht so viel Protein zusammenbekommen. (Ob man jetzt noch so viel Protein braucht, kann man in Frage stellen) Man kann davon ausgehen, dass auch ziemlich viel Nahrung gekocht wurde. Das war ein großer Vorteil wegen der Haltbarkeit, außerdem wird die Bandbreite an Nahrungsmitteln größer weil man durch Kochen etwaige Giftstoffe zerstören kann und viele Nährstoffe werden durch Erhitzung sogar leichter verfügbar. 100% gekocht haben sich unsere Vorfahren natürlich nie und nimmer ernährt, aber bestimmt nicht 100% roh. Und bestimmt haben die damals auch keinen Mixer gehabt und keinen Dörrautomaten. Wenn manche Wissenschaftler vermuten, die Menschheit hätte sich tendenziell roh und tendenziell vegan ernährt, heißt das immer noch: Menschen haben Fleisch, Fisch und Eier gegessen.
Gleich nach Umstieg erleben Rohveganer ein brutales Hoch an Energie, Zufriedenheit und Körpergefühl. Meist lässt das nach etwa einem Jahr nach, es kommt zu Zahnausfall, Depressionen, Angststörungen und dergleichen. Statt dass das Problem kritisch begutachtet wird, kommt von den Anführern und Gurus nur, das ist Entgiftung! oder: Du machst einfach was falsch.
d) Hab ich schon geschrieben. Nicht alle Menschen vertragen den hohen Anteil an (Vollkorn)Getreide.
e) Wir sitzen heute nur blöd vor unseren Rechnern herum und brauchen keine Ernährung mehr mit viel Schmalz und Fleisch, die für körperlich arbeitende Menschen gut ist.
Versteht ihr mein Dilemma? Es hat oft eher was Sektenhaftes. Und oft findet man heraus, dass ein Kritiker von Glaubens- äh Ernährungssystem A glühender Anhänger von Ernährungssystem B ist. Kritik von innen kommt selten, denn sonst wird man exkommuniziert. Man denke nur an das Bashing von veganen oder Rohköstlerbloggern, die leider feststellen mussten, dass ihnen die Ernährung auf Dauer nicht gut bekommt. Und natürlich bleiben nur die dauerhaft bei einer Ernährungsform, deren Körper super damit zurecht kommen. Oder weil der Gruppendruck groß genug ist. Oder weil einem zB die Tiere wichtiger als die Gesundheit sind (was ja absolut in Ordnung und ehrenhaft ist, jeder darf mit seinem Körper machen was er will!).
Nur mir hilft das alles nicht weiter. Denn die Erleuchtung ist nach der Ernährungsumstellung nicht gekommen, wie sie bei anderen oft passiert - ich fühle mich nicht fitter, wacher, ausgeglichener, gesünder, eins mit der Schöpfung oder was sonst gerne so berichtet wird. Auch meine Blutwerte haben sich nicht besonders verbessert wie bei manch anderen. Nachdem ich zuerst mit Milch (und dann mit Fleisch) aufgehört hab, hab ich trotz hochdosierter Eisentabletten nur noch 4 Punkte beim Ferritin dazubekommen, obwohl gerade der Milchproduktverzicht eigentlich unterstützend sein sollte (Koffein hab ich auch keins getrunken) - ob der Zusammenhang real ist, weiß ich natürlich nicht. Meine unreine Haut hat sich überhaupt nicht gebessert obwohl ich das gehofft hab, wegen der bösen Hormone in der Milch und auch meine Kopfhaut fettet leider weiter wie zuvor.
Die Erleuchtung ist mir eher beim Zucker gekommen, aber das muss ich noch genauer anschauen. (Miaauuuuuu wenn ich doch so eine Naschkatze bin

)
Ich könnte natürlich in Ruhe ausprobieren, wie mein Körper auf Dauer damit zurecht kommt. Da bräuchte ich aber zB ein sowas von komplettes Blutbild, das ich mir arme Kirchenmaus nicht unbedingt leisten möchte. Und letzten Endes sind Haare, wie Mai Glöckchen schon mal geschrieben hat, für den Körper das Unwichtigste und deswegen lässt er jegliche kleine Schieflage zuerst an ihnen aus, damit die wichtigen Organe genug abbekommen. Das ist es mir einfach nicht wert, so sehr ich auch alle armen flauschigen Milchkühe und Hendln lieb hab. (aber siehe auch ganz oben die Sache mit dem Dünger usw.)
Deswegen distanzier ich mich lieber wieder von all diesen Kategorien (vegan usw.). Das hält mich natürlich nicht davon ab, gerne vegan zu kochen

Aber ich muss lernen, mehr auf meinen Körper statt auf Theorien und Ideologien zu hören, und gingen sie auch noch so mit meinem Weltbild konform. Das gilt ja auch für Haarpflege, um wieder on topic zu kommen. NWSO und WO klappen einfach nicht bei mir - und aus.
Tut mir leid für das ganze Futtergeschwafel, aber es ist mir gerade so am Herzen gelegen.