Ich über mich
Als die Menschen erstmals den Mond betreten haben, war ich schon auf der Welt, aber dieses epochale Ereignis hat mich damals nicht interessiert. |:Trinken-Schlafen-Trinken-Schlafen:| war wichtiger.
Ich erinnere mich noch an meine ersten selbstgeflochtenen Zöpfe (MBL englische classics im LHN-Jargon). Ich war 5 oder 6 Jahre alt und stand vor dem Spiegel im Vorzimmer und dachte mir: "Es schaut schrecklich aus!", weil die Zöpfe über dem Ohr statt hinter dem Ohr angesetzt waren. Und gleichzeitig: "Aber ich hab es selbst gemacht, und ich bin stolz auf mich." Und dann habe ich geübt, bis es nicht mehr schrecklich ausgesehen hat.
Ich hatte wechselnde Haarlängen: manchmal taillen-lang, dann wieder modisch kurz, darunter auch der Mireille-Mathieu-70-er-Jahre-Schnitt, oder die 80-er-Jahre-Fön-Frisur. In Zeiten mit Mid-Back- oder Taillen-langen Haaren habe ich einfache Zöpfe oder Haarknoten getragen. Und ich war als Teenager und Twen von mir selbst fasziniert, wie ich mich von der Grauen-Maus-Schülerin/Studentin mit wenigen Bürstenstrichen und einigen Haarnadeln mittels Schnecke oder Banane zur eleganten Grande Dame verwandeln konnte. Mit Etuikleid, Handschuhen und Hut zieht man sogar beim Pferderennen in der Krieau die Blicke auf sich (gemeinsam mit einer guten Freundin, war total lustig!).
Ich hatte wechselnde Haarfarben. Ein paar Monate vor dem Fall der Berliner Mauer habe ich meine ersten weißen Haare entdeckt. Weil diese hauptsächlich rund ums Gesicht wachsen, begann meine Färbekarriere. Darunter für eine kurze Zeit auch Rabenschwarz. In Taillenlang. Ich hab's cool gefunden. Die meisten Freundinnen waren geschockt: "Das passt doch nicht zu deiner hellen Haut." Gothic Girl war erst Jahre später modern, und Lily Munster in meiner Umgebung kein Style-Vorbild.
Mit ca. 35 ließ ich sie kurz schneiden, also schulterlang; das ständige Färben mit konventionellen Stufe-3 Farben oder auch mit Henna / Pflanzenhaarfarben ist bei mir nicht kompatibel mit Länge. Trotz Pflege, Kuren, Schonen, S&D, etc.
Nach etwa 28 Jahren (so lang stand auch die Berliner Mauer) hatte ich genug vom Färben. Also eigentlich davon, dass ich sehr viel Zeit, Energie (Pflanzenhaarfarben) und Geld (Friseur) ins Färben stecke und trotzdem nach 1 Woche im Spiegel der "Heiligenschein" auftaucht. Dann habe ich mich dazu entschlossen, meine Haare auf granny-grey blondieren zu lassen. Das war am 15.09.2017.
Und da bin ich jetzt und lasse meine Naturhaarfarbe geduldig weiterwachsen und schau ihnen zu, wie sie länger und länger und hoffentlich noch viel länger werden.
