@Sefoma: Genau das was du sagst. Nur leider ist das vielen nicht bewusst und gewisse Fernsehprogramme (Galileo *hust hust*), bzw. auch Zeitschriften und schlechte populärwissenschaftliche Bücher stellen Dinge als Fakten da. Als Laie bei dem ganzen Mist durchzublicken ist da schwer.
Als 'Fachmensch' fühlt man sich da ab und zu berufen diese vorsichtige Anmerkung in den Raum zu werfen, um denjenigen die damit noch nicht in Kontakt gekommen sind den kleinen Aha-Moment zu bescheren

. Ansonsten darf man bei Museumsevents wieder Fragen beantworten wie "Ist das Feuer echt?" und "Warum kocht ihr nicht einfach Kartoffeln?" (im schlimmsten Fall

).
@Saralene: Ich will die Arbeit der Dame keinesfalls in schlechtes Licht rücken! Ich finde es auch sehr faszinierend, wie sehr sie optisch ans Original heran kommt und wieviel Mühe sie hinein steckt.
Mein Beitrag sollte nur ein vorsichtiger Hinweis sein, sich niemals vollkommen auf die Erkenntnis einer Person zu verlassen - auch wenn sie es studiert hat. Leider sind archäologische Fachzeitschriften auch nicht 100% verlässlich. Es gibt einfach zu viele Bereiche, in denen viel mit "Meinung" gearbeitet wird. Da ist es in der Archäologie wie in jedem anderen Feld auch: Drei Leute, drei Meinungen.. und alle drei glauben Beweise für ihre Theorie gefunden zu haben

. Und dann kommt noch die Zeit dazu. Was vor 20 Jahren noch als absolut gegeben angesehen wurde, kann durch neue Erkenntnisse als falsch aufgedeckt werden. Und bis das dann auch wieder bei den Laien ankommt, vergehen 10 Jahre mehr. Beispiel: Das die Römer schon Kontakte mit Skandinaviern hatten ist den wenigsten bekannt. Mir wurde das neulich von Bekannten als vollkommen neuer Schuh verkauft, da ich es studiere wusste ich aber, dass dies schon seit gut 30 Jahren "unter Fachleuten" bekannt ist. Aber trotzdem wurde vor etwa 5 Jahren noch ein (amerikanisches) Buch publiziert, in dem über diesen Umstand vollkommen hinweg gesehen wurde. Vielleicht aus Unwissen - vielleicht weil die Person die präsentierten Fakten als unzureichend empfand. Das kann man leider nie so genau sagen.
Aber um noch etwas zum eigentlichen Thema beizutragen:
Wer sich für römische Frisuren interessiert, kann/sollte sich mal die ganzen Kaiserinnenportraits ansehen. Da findet man eine bunte Bandbreite an interessanten Frisuren, an denen man auch die zeitliche Einordnung "bemisst". Die Dame mit den Youtube-Videos hat auch einige der Frisuren in ihrem Pogramm.
Vieles davon wurde, das Thema kam im Thread ja ebenfalls schon einmal auf, mit Haarteilen/Perücken unterstützt. Die kamen häufig aus den germanischen Regionen und wurden Kriegsgefangenen und/oder Sklavinnen abgeschnitten und dann daheim an die Friseurindustrie geliefert. Man hat auch fleißig gefärbt, mit Brennstäben bearbeitet, geglättet, usw.
Leider fehlen uns von der weiblichen Unterschicht Bildquellen und so gut wie sämtliche schriftlichen Berichte. Für Zeitzeugen war die Arbeit, bzw. Rolle dieser Frauen einfach uninteressant. Damit kämpft man in der Forschung immer wieder und darf sich dann mit der x-ten Kaiserinnenbiographie rumschlagen (selbst über die weiß man häufiger auch gerade nur einen Vornamen).
Allerdings sollte man dazu sagen, dass man hier natürlich die Kernprovinzen (und somit den alten Städtebund) etwas vom Rest des Römischen Reiches abgrenzen muss. Selbst wenn der Gatte in Germania superior römische Kleidung trug, waren es häufig die Fragen die noch ihre alte keltische oder germanische Tracht trugen (z.B.
Menimane). Man kann schlecht sagen, dass es "die römische Frisur" gab.. aber in den alten Städten wurden mit Sicherheit die Modeerscheinungen der Patrizierdamen so gut es ging nachgemacht. Da gibt es einige höchst amüsante Berichte von Zeitzeugen, die sich über die Verschwendungssucht der Damen auslassen und (hoffentlich übertreibend) davon erzählen, dass den Damen "selbst Seide noch zu rau sei".
Ein schönes Beispiel für etwas aus den Provinzen haben wir aus Rommerskirchen: Ein
Haarnetz aus Goldtüllen. Falls es jemanden interessiert kann ich dazu nochmal ein Bild heraus suchen, wie man es im Grabkontext gefunden hat. Das sah bei Weitem nicht so hübsch aus wie die Rekonstruktion, obwohl Gold als Edelmetall nicht so empfindlich ist.
Aus römischer Sicht haben wir auch einen Blick auf germanische Tracht:
Schlachtensarkophag von Portonaccio
Unten rechts sehen wir eine "Barbarin" (einseitig barbusig

). Ob "frau" ihre Haare nun auch tatsächlich so offen getragen hat.. gute Frage. Die Römer wollten es auf jeden Fall so darstellen. Da der Herr daneben aber auch einen Schläfenknoten trägt, der belegt werden konnte, darf man die vorsichtige Annäherung machen, dass dies eine wahrscheinliche Frisur gewesen sein könnte (ja, mal wieder viele Konjunktive

).
Für mehr müsste ich nochmal in die Bib, würde ich aber nur dann tun, wenn es hier tatsächlich jemanden brennend interessiert

.